Gamescom 2021. Die Gaming-Branche auf einer Pandemiewelle | Leben in Deutschland. Gesellschaft, Lifestyle, Wissenswertes | DW

Zuerst die schlechte Nachricht: Auch in diesem Jahr werden Menschen, die als Super Mario, Lara Croft oder Gerald of Rivia verkleidet sind, wegen der Pandemie voraussichtlich nicht in großer Zahl durch Köln marschieren. Zum zweiten Mal in Folge findet die Gamescom virtuell statt. Die gute Nachricht ist, dass jeder, der in den Jahren vor der Pandemie ein 20-Euro-Tagesticket gekauft hat, jetzt kostenlos an der weltgrößten Spielemesse teilnehmen kann.

Unter dem Motto „New Reality“ setzt die diesjährige Gamescom im Gegensatz zu ihren analogen Vorgängern vor allem auf Berichterstattung und will noch mehr Zuschauer erreichen als 2020. Damals verfolgten zwei Millionen Menschen virtuell den Eröffnungsabend. Insgesamt haben über 50 Millionen die virtuelle Gamescom mindestens einmal besucht.

Der Chef der Koelnmesse – dem Mitveranstalter der Messe – Oliver Frese fand starke Partner für die Zusammenarbeit. Dazu zählen unter anderem: Twitch (eine Tochtergesellschaft von Amazon), Facebook-Gaming, YouTube, aber auch chinesische Streaming-Dienste wie Douyu oder Bilibili. „Die große Reichweite macht diese Veranstaltung auch für diese Plattformen sehr attraktiv“, sagt Frese. Dank der Kooperation mit 60 internationalen Unternehmen aus der Gaming-Branche ist es uns gelungen, die Zahl der Kooperationen im Vergleich zu 2020 zu verdoppeln. Darüber hinaus werden mehr als 255 kleinere Unternehmen aus der Gaming-Branche auf der Gamescom ihre neuen und beliebtesten Produkte präsentieren – ergänzt Frese .

Spieleentwickler nutzen die Pandemie aus

Die Gaming-Branche ist einer der größten Gewinner der Pandemie. Diese Branche hat sich bereits im letzten Jahr rasant entwickelt. „Wir sind grundsätzlich davon ausgegangen, dass das Wachstum nach dieser Zeit stagniert“, sagt Felix Falk, Hauptgeschäftsführer des deutschen Verbands der Spieleindustrie. Aber auch die Daten für das erste Halbjahr 2021, die sein Verband mit der Berechnung beauftragt hat, zeigen einen weiteren Anstieg. Demnach stieg der Umsatz mit Gaming-Hardware und -Software in Deutschland von 3,8 Milliarden vor einem Jahr auf 4,6 Milliarden Euro. Das ist ein Plus von 22 Prozent.

Felix Falk begrüßt das Maskottchen der Kirmes

Laut einer Studie des Bundesverbands der Digitalwirtschaft Bitkom spielt mittlerweile die Hälfte der Deutschen zumindest gelegentlich Computerspiele. Laut der Studie wurden in allen Altersgruppen Zuwächse verzeichnet, wobei Senioren über 65 die Gruppe mit der höchsten relativen Körpergröße waren. Die größte Gaming-Community bilden jedoch nach wie vor Menschen im Alter von 16 bis 29 Jahren. Ein weiteres Ergebnis der Bitkom-Studie: Vor der Pandemie verbrachten Spieler durchschnittlich fünf Stunden pro Woche mit Spielen, jetzt verbringen sie 8,5 Stunden vor einer Konsole. Computer oder Smartphone. Mehr als drei Viertel aller Spieler zahlen auch dafür.

Deutschland ist weit von der Spitze entfernt

Obwohl Deutschland beim Verkauf von Computerspielen weltweit führend ist, sind es laut dem Branchenverband Spiele nur fünf Prozent. Spiele kommen aus diesem Land. – Dies liegt daran, dass andere Länder schon vor vielen Jahren verstanden haben, dass die Glücksspielbranche eine wichtige Zukunftsbranche ist und diese klar befürworten, wie beispielsweise Kanada, Frankreich, England und Polen. Die Deutschen haben es etwas vermisst, sagt Lobbyist Falk.

Seit 2019 unterstützt Deutschland die Spieleindustrie mit 50 Millionen Euro pro Jahr. – Dies hat die Startbedingungen bereits verbessert. Wenn wir wirklich ganz vorne mit dabei sein wollen, müssen die Themen Breitbandausbau, mehr qualifizierte Mitarbeiter und digitale Bildung vorangetrieben werden, erklärt Falk. Deutschland ist für Spieleentwickler bislang nicht attraktiv genug. In viel kleineren Ländern wie Schweden oder Finnland gibt es beispielsweise mehr Programmierer als in Deutschland. Ob die deutschen Spieleentwickler von den aktuellen Trends profitieren können, bleibt abzuwarten.

Fortschreitender „Netzkonflikt“ der Branche

Vor allem Live-Gaming-Events werden heutzutage immer beliebter. Gespielt werden die Spiele auf Plattformen wie Twitch, wo der Nutzer direkt mit anderen Spielern interagieren kann. Auch Koch- und Talkshows nutzen zunehmend Streaming-Plattformen, um das Publikum direkt anzusprechen.

Gamescom 2018 - immer noch beim Publikum

Gamescom 2018 – immer noch beim Publikum

Spiele- oder App-Käufe durch Gamer bleiben der größte Umsatztreiber der Branche. Im ersten Halbjahr 2021 wurden hierfür in Deutschland rund zwei Milliarden Euro ausgegeben, was knapp die Hälfte des Gesamtumsatzes ausmacht. Aktuell entscheiden sich immer mehr Spieler für die sogenannten Spiele-Abonnements. Anschließend erhält der Nutzer gegen eine monatliche Gebühr Zugriff auf die neuesten Spiele. Allerdings geben Spieler im Rahmen einzelner Spiele oft wieder Geld aus, zB für mehr Munition oder neue Rüstungen. Die langsam fortschreitende „Netflixisierung“ der Branche – der Kauf eines temporären Zugangs zu einem bestimmten Produkt – bedeutet jedoch auch, dass die Spieler etwas weniger Geld direkt für Spiele ausgeben.

Eine globale Branche mit globalen Problemen

Auch die Nachfrage nach Gaming-Hardware wie Grafikkarten und Konsolen wächst stetig. Allerdings sind diese digitalen Industrien derzeit von Versorgungsproblemen in der analogen Welt betroffen. Laut Bitkom-Umfrage nur fünf Prozent. der Befragten hat in den letzten Monaten ohne Verzögerung eine neue Konsole erhalten. Fast ein Drittel wartet noch auf ihre Bestellung. Auch Lieferprobleme behindern die Einführung neuer Produkte, ergänzt Felix Falk.

Auf der Gamescom will die Branche jedoch nichts von den Problemen hören. Das Wichtigste ist zu feiern. Die Messe beginnt am Mittwochabend (25. August 2021). Der amerikanische Spielemoderator Geoff Keighley wird die Einweihung zusammen mit dem zweistündigen Programm leiten. Bis zum 27. August sollen Millionen Menschen die Spielfiguren zumindest digital mobben.

Aldrich Sachs

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