Die Deutschen kaufen alles, was Wärme abgibt

Im Baumarkt Swertz in Goch hängt an der Klimaanlage ein Schild mit einem Sonderangebot. Trotz sommerlicher Temperaturen fragen die Kunden jedoch nach Heizlüftern, Heizkörpern oder Backöfen. „Ich will nicht übertreiben, aber die Nachfrage riecht nach Hysterie“, sagt Robin Hoiboom von der Abteilung Heizung und Sanitär. Jeden Tag stehen mindestens 25 Kunden vor ihm Schlange und fragen nach allem, was sich erhitzen lässt.

Manche Kunden laden bis zu zwanzig Säcke Holz in ihren Einkaufswagen

Dominik Grohs, Filialleiter

„Sie haben eigentlich Angst, dass sie im Winter frieren“, sagt er. „Die Kunden wollen nicht einmal die ganze Wohnung damit heizen. Aber sie wollen zumindest in einem Raum sitzen können, in dem es ein bisschen warm ist.“

Kunden geraten in Panik

Das einzige Problem ist, dass sein Lager fast leer ist. Hoiboom führt Wartelisten. Neue Lieferungen erwartet er Mitte November. „Wenn wir Glück haben“, sagt er.

So wie im Baumarkt Goch sieht es in fast allen Bundesländern so aus. Als der Westdeutsche Rundfunk die größten Baumarktketten befragte, bestätigten diese, dass die Nachfrage nach Heizalternativen seit November letzten Jahres gestiegen sei, als die Gaspreise erstmals in Kraft traten, sagen Baumarktketten. Der Beginn des Krieges in der Ukraine beschleunigte jedoch die Entwicklung. „Nach Bekanntgabe der zweiten Phase des Gas-Notfallplans gab es in vielen Märkten wieder einen regelrechten Ansturm“, schreibt eine der Ketten.

Viele Kunden fragen nach Heizkörpern, Heizungen einschließlich Heizlüftern, Wärmepumpen, Öfen und Brennstoffen – Holz, Pellets und Kohle. Eva Thalerová, Verkaufsleiterin einer der Filialen in Stuttgart, bestätigt dies: „Wir verkaufen 50 Prozent mehr Elektroheizungen als im Vorjahr. Die hohe Nachfrage gilt für das gesamte Sortiment in allen Qualitäts- und Preisstufen.“ Da Baumärkte die Ware mehrere Monate im Voraus bei den Herstellern bestellen müssen, ist mit einer schnellen Auffüllung leerer Lager nicht zu rechnen: „Diese Geräte sind ohnehin höchstens eine Notlösung“, sagt Reinhard Loch, Energieexperte am Nordrhein -Verbraucherzentrale Westfalen.

Kaminöfen erleben gerade eine Renaissance

Wer bereits einen Kamin oder Ofen zu Hause hat, hat Glück. Allerdings werden auch die Brennstoffe dafür immer knapper und damit teurer. Auf dem Freigelände des Baumarktes Tinks in Wachtberg bei Bonn liegen palettenweise Brennholzsäcke auf Paletten bereit. „Manche Kunden legen bis zu zwanzig Tüten in ihren Einkaufswagen“, räumt Marktleiter Dominik Grohs in der Rheinischen Post ein.

Gerade hat er eine neue Lieferung erhalten: 60 Kubikmeter osteuropäisches Laubholzgemisch. Die Kapazitäten der Zulieferer aus der Region sind längst erschöpft. Grohs verkaufte 25 der 60 Kubikmeter in weniger als einer Stunde. Wartelisten gibt es auch – obwohl Holz fast täglich teurer wird. Vor der Krise kostete ein Kubikmeter 99 Euro (2436 Kronen). Jetzt sind es fast 200 Euro (4920 Kronen). Die Nachfrage nimmt jedoch kein Ende. Und er geht davon aus, dass das auch so bleiben wird.

Spart Kommunen und den Minister

Nürnberg hat drei seiner vier Hallenbäder bis zum 25. September geschlossen. Es spart Wärme für 1.500 Einwohner und Strom für 3.100.
Regensburg erlaubt, dass Freibäder im Sommer ausschließlich von der Sonne beheizt werden.
Nach Protesten von Anwohnern hat Dresdner Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) die ursprüngliche Anordnung zur Abschaltung von Warmwasser und Strom für die Sportstätten der Stadt aufgehoben.
Baden-Württemberg hat 2021 für seine achttausend Gebäude 17 Millionen Euro (418 Millionen Kronen) für Gas ausgegeben. Für das jahr 2024 rechnet es mit 85 Millionen Euro (2 Milliarden Kronen).
Die Stadt Ludwigshafen plant, die Multifunktionshalle von Friedrich Ebert im Winter als Heizzentrale für Menschen zu nutzen, die sich aus verschiedenen Gründen keine Wärme leisten können.
Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) forderte die Bürger auf, die Duschzeit wie er auf fünf Minuten zu verkürzen. Das Berliner Rathaus hat eine Empfehlung zum kürzeren Händewaschen herausgegeben.

Aldrich Sachs

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