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In Deutschland dürfen Ungeimpfte auch nach dem 15. März in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen „grundsätzlich weiterbeschäftigt werden, bis das zuständige Gesundheitsamt über ein Zutritts- oder Arbeitsverbot entscheidet“, sagte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums dem Nachrichtenportal Business Insider .

Dabei würden alle „Umstände des Einzelfalls“ berücksichtigt. Das Gesundheitsamt trifft die Entscheidung „nach eigenem Ermessen“.

Tatsächlich müssen ab dem 16. März alle Pflege- und Mediziner in Deutschland vollständig geimpft sein oder kürzlich den Status eines Genesenen erlangt haben. Eine Ausnahme: Es gibt medizinische Gründe gegen eine Impfung.

Langwierige Verfahren und fehlende Ressourcen

Seit Wochen herrscht Skepsis gegenüber der Einführung von Impfpflichten im Zusammenhang mit dem ausgeübten Beruf. Die Sanitäreinrichtungen in Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen haben bereits angekündigt, mit Kontrollen überfordert zu sein, da sie weder über die personellen noch über die technischen Möglichkeiten verfügen.

„Gesundheitsämter schätzen, dass im Schnitt fünf bis zehn Prozent der Beschäftigten keinen eindeutigen Impf- und/oder Genesungs- oder Vollimpfnachweis vorlegen können“, so die Vizepräsidentin des Bundesverbandes der Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes (BVÖGD), Elke Bruns-Philipps , sagte die Rheinische Post.

Dies bedeutet ihrer Meinung nach „einen erheblichen Aufwand bei der Prüfung jedes Einzelfalls“ und die Gesundheitsämter seien „nicht in der Lage, rechtzeitig damit umzugehen“. Außerdem kann sich das Verfahren, das zum Beschäftigungsverbot führt, in die Länge ziehen. Elke Bruns-Philipps erklärte, dass bei fehlenden Hinweisen auf Impfung oder Genesung die Gesundheitsämter zunächst eine Frist für die Vorlage der Impfausweise setzten und dann eine Anhörung der Beteiligten anberaumt sei.

Impfkontrolle: Gesundheitsämter warnen vor Überlastung

Laut Business Insider will das Gesundheitsministerium mit der Einführung eines neuen Meldesystems und leicht zugänglichen Impfangeboten auf das Machbarkeitsproblem reagieren. Einen entsprechenden Vorschlag hat das Ministerium auf der Gesundheitsministerkonferenz von Bund und Ländern am Montag (31.01.2022) vorgelegt. Darin ist vorgesehen, ein „umfassendes Monitoring der Impfquote in Einrichtungen“ durchzuführen. Die Bundesländer sollen bis Mitte jeden Monats Daten über die Zahl der Impfungen in allen medizinischen und pflegerischen Einrichtungen erheben und diese dann an das Bundesgesundheitsministerium übermitteln.

Mobile Impfstellen

Das Projekt geht davon aus, dass in Einrichtungen mit unterdurchschnittlichen Impfquoten die Länder damit beauftragt werden sollten, „zielgerichtete Impfangebote darzustellen, beispielsweise durch Besuche durch mobile Impfteams“. Die Bundesregierung soll die Länder dabei unterstützen, indem sie „umfassende Aufklärungskampagnen auf allen Kanälen“ durchführe und „den Ländern den Novavax-Impfstoff schnellstmöglich als eigenes Kontingent zur Verfügung stelle“.

Novavax basiert auf Protein, was eine seit langem bekannte Methode ist. Daher könnte dieser Impfstoff auch für Menschen interessant sein, die Vorbehalte gegenüber den neuen mRNA- und Vektorimpfstoffen haben.

Antrag auf Verschiebung der Frist

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz warnte vor einer strikten Durchsetzung der Impfpflicht am Arbeitsplatz. Laut Stiftungsvorstand Eugen Brysch ist die Frist bis zum 15. März nicht einzuhalten. „Gesundheitsbehörden, Regulierungsbehörden und Arbeitgeber sehen keine Möglichkeit, dass sie diese enorme Aufgabe ohne ernsthafte Vernachlässigung bewältigen können“, sagte er.

Eugen Brysch befürchtet, dass die Versorgung von bis zu 200.000 Menschen gefährdet ist: „Die Zeitverschiebung ist notwendig; eine ‚Null-Toleranz‘-Politik wird nicht funktionieren“ und Gesundheitsminister Karl Lauterbach „muss lokale Belange ernst nehmen“.

Auch Gerald Gass, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), schlug vor, die Fristen für Impfpflichten zu verlängern. „Wir unterstützen die Impfpflicht in Einrichtungen. Die Essenz für die weitere Umsetzung bleibt jedoch unklar und es kann daher erforderlich sein, die Fristen im Verfahren anzupassen“, sagte er der Rheinischen Post.

Wenn das Gesundheitsamt einem ungeimpften Arbeitnehmer das Betreten des Arbeitsplatzes verbiete, werde die Person entlassen, natürlich ohne weiteres Gehalt. „Wenn jemand bereits seine erste Impfung hatte, können die verbleibenden Dosen schnell wieder aufgefüllt werden“, bemerkte er. „In diesen Fällen können wir pragmatische Lösungen finden, wie zum Beispiel die Verlängerung der Bindungsfrist.“ Gleichzeitig forderte der DKG-Chef Sicherheit im Arbeitsrecht, damit ungeimpfte Arbeitnehmer entlassen werden könnten.

Britische Zweifel

Die britische Regierung hat bereits damit begonnen, geplante Zwangsimpfungen für Angehörige der Gesundheitsberufe in England zurückzunehmen. Man wolle prüfen, ob die im November angekündigte Auflage noch notwendig sei, sagte Gesundheitsminister Sajid Javid.

– Meiner Meinung nach ist es nicht mehr verhältnismäßig, dass die Impfung eine gesetzliche Beschäftigungsbedingung ist – betonte er. Darüber hinaus äußerte er seine Besorgnis darüber, dass das überlastete Gesundheitssystem 80.000 Arbeitnehmer auf einmal verlieren würde, wenn die Impfpflicht eingeführt würde.

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Karla Bergmann

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