Brasilien in der deutschen Presse (16.02.) – 16.02.2022

Brasilien in der deutschen Presse (16.02.) – Bolsonaros Besuch bei Putin, Regierungsdekret zur Erleichterung des Einsatzes von Bergleuten im Amazonasgebiet und Debatte über den Nationalsozialismus wurden in deutschen Medien hervorgehoben.Frankfurter Allgemeine Zeitung – Bolsonaro sucht Freunde im Osten (15./ 02) 02)

Der brasilianische Präsident trifft Wladimir Putin in Moskau – trotz Unzufriedenheit im Weißen Haus. Auch Jair Bolsonaro hat wohl die Wahl im Sinn.

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Jedem Land steht es frei, bilaterale Treffen mit anderen abzuhalten. Der Zeitpunkt von Bolsonaros Besuch in Moskau wird jedoch von Washington als sehr unangemessen angesehen. Berichten zufolge äußerte das Weiße Haus gegenüber brasilianischen Diplomaten seine Besorgnis darüber, dass die Reise den Eindruck erwecken könnte, dass Brasilien Putins Verhalten toleriere und einer möglichen Invasion in der Ukraine gleichgültig gegenüberstehe.

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Bolsonaro ist in Russland praktisch unbekannt. Putin soll den Besuch seines brasilianischen Amtskollegen aber für seine Zwecke nutzen können. Bolsonaro geht es in Moskau nicht nur um den bilateralen Handel. Russland ist in dieser Hinsicht viel weniger wichtig als die Vereinigten Staaten.

Beobachter bezweifeln auch, dass die brasilianische Delegation mit einem Handelsabkommen nach Hause zurückkehren wird, und betonen stattdessen die innenpolitische Bedeutung der Reise. Bolsonaro will angesichts der Präsidentschaftswahl im Oktober zeigen, dass er international nicht isoliert ist. Die Bilder vom letzten G20-Gipfel, als Bolsonaro allein am Rande des Geschehens stand, sind beredt. Nach seinem Besuch in Moskau wird Bolsonaro nach Ungarn reisen, dessen Staatsoberhaupt er ist [sic]Viktor Orbán, gehört bereits zu seinem kleinen Freundeskreis.

RND – Bolsonaro will Goldabbau im Amazonas erleichtern (02/15)

Der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro hat ein Dekret erlassen, um den Goldabbau im Amazonasgebiet zu fördern. Ein geschaffenes Programm soll laut einer Veröffentlichung im Amtsblatt der Regierung vom Montag die Weiterentwicklung der Abbaumethoden vor allem im Amazonasgebiet fördern.

Ein zweites Dekret soll die Bestrafung der Bergleute erschweren. „In der Praxis zielen die Dekrete darauf ab, eine räuberische Praxis zu legalisieren, die voranschreitet und die Umwelt zerstört“, kommentierte die Umweltorganisation Greenpeace.

Goldabbau ist im Amazonasgebiet weit verbreitet. Der brasilianische Präsident Bolsonaro ist ein Verfechter der wirtschaftlichen Ausbeutung des Amazonas und will auch den illegalen Bergbau in indigenen Gebieten zulassen. Kritiker werfen ihm vor, ein gesellschaftliches Klima zu schaffen, in dem Miner und andere Eindringlinge gefördert werden.

Frankfurter Allgemeine Zeitung – Nazigruß als Verbrechen (11/02)

Der brasilianische Moderator Bruno Aiub verlor seinen Job. „Ich denke, die Nazis sollten ihre eigene Partei haben dürfen“, sagte er im Flow-Podcast. Aiub sagte auch, dass jeder das Recht haben sollte, antijüdisch zu sein. Kurz nach der Ausstrahlung der Show kündigten die Sponsoren Verträge. Zudem leitete die Generalstaatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren ein, weil in derselben Sendung der liberale Abgeordnete Kim Kataguiri in eigenen Aussagen nicht so weit ging, sondern Ajub verteidigte.

Der Podcast, der inzwischen vom Netz genommen wurde, war dann Gegenstand einer weiteren Debattensendung, die von Radio Jovem Pan ebenfalls in Bildern ausgestrahlt wurde. Auch dieses Programm endete mit einer Entlassung. Grund war eine Geste des bekannten Kommentators Adrilles Jorge. Während der Sendung verurteilte er wiederholt die Verherrlichung des Nationalsozialismus. Aber am Ende – und nach einem Hinweis auf Gräueltaten kommunistischer Regime – hob er zum Abschied die Hand.

Ein Nazi-Gruß? Sarkasmus? Keines davon? Im Kontext der vorangegangenen Diskussion war es auf jeden Fall „surreal, Adrilles“, wie der geschockte Moderator der Sendung sagte – worauf Jorge mit einem breiten Grinsen reagierte. Jorge, der bestreitet, dass es sich um einen Hitlergruß handelte, ist jetzt ebenfalls arbeitslos.

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Auch die Zahl der aufgezeichneten Internetposts, die den Nationalsozialismus verherrlichen, hat zugenommen. Nach Schätzungen von Experten wurden in Brasilien mehr als 500 Neonazi-Gruppen identifiziert, die rund 10.000 Anhänger haben würden – ebenfalls ein deutlicher Anstieg in den letzten Jahren.

Einige der Gruppen sind bewaffnet, wie Polizeirazzien zeigten, und bereit, ihre Waffen einzusetzen, so die Ermittler. Einer der Neonazi-Helden ist ein junger Amokläufer, der 2019 ein Blutbad angerichtet hat, bei dem zehn Menschen an einer Schule getötet wurden.

Einige Beobachter weisen auf einen Zusammenhang mit der Wahl des rechtsextremen Präsidenten Jair Bolsonaro und der zunehmenden Verbreitung von Materialien und Inhalten mit nationalsozialistischer Ideologie in Brasilien hin und argumentieren, dass sich rechtsextreme Kreise durch den Präsidenten ermächtigt und möglicherweise geschützt fühlten.

Sogar einige Regierungsbeamte haben in der Vergangenheit mehr oder weniger deutliche Gesten gemacht. Etwa Bolsonaros junger außenpolitischer Berater, der während einer Fernsehsendung mit der Hand das Symbol der „White-Power-Bewegung“ formte und später sagte, er passe einfach in den Anzug. Und dann war da noch ein ehemaliger Kulturminister von Bolsonaro, der für eine Fernsehansprache das Szenario, die Musik und sogar einige Auszüge aus der Rede des Reichspropagandaministers Joseph Goebbels kopierte. Bolsonaro selbst hat den Nationalsozialismus einmal als linke Ideologie bezeichnet.

md / av (ots)

Aldrich Sachs

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