Berlin nach dem Sejm-Beschluss: Reparationen sind das eine, Entschädigungen für die Opfer das andere

Nur sporadisch nahmen deutsche Medien hinter der Deutschen Presse-Agentur DPA die jüngsten Geschehnisse im Zusammenhang mit Reparationen zur Kenntnis, die Polen von Deutschland fordert.

Am Mittwoch, dem 14. September, hat der Sejm eine Resolution verabschiedet, in der die Bundesregierung aufgefordert wird, „die politische, historische, rechtliche und finanzielle Verantwortung“ für die polnischen Kriegsverluste zu übernehmen. Allerdings spricht der schließlich verabschiedete Beschluss nicht von „Reparationen“, sondern von „Entschädigungen“ – wie von der Opposition gefordert. Die meisten Abgeordneten (418 von 437), darunter Abgeordnete der Oppositionsparteien, unterstützten die Resolution.

Berlin: Fall abgeschlossen

Wir haben das Auswärtige Amt um Stellungnahme gebeten. – Die Bundesregierung hat die Resolution und das gestrige Votum im polnischen Parlament angenommen. Die Position der Regierung bleibt unverändert, die Reparationsfrage ist abgeschlossen – ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin antwortet auf DW-Anfrage. – Entschädigungen für Opfer nationalsozialistischer Verfolgung, die sich aus der moralischen Verantwortung Deutschlands ergeben, werden gesondert betrachtet. Darauf misst die Bundesregierung weiterhin besondere Bedeutung bei. Die Bundesrepublik Deutschland leistete – und leistet noch – einen erheblichen finanziellen Ausgleich für die im Dritten Reich angerichteten Schäden, auch zugunsten der Menschen in Polen, beispielsweise durch die Stiftung Deutsch-Polnische Aussöhnung.

Die Bundesregierung bekräftigt jedoch, dass die Verantwortung, die Deutschland für die während des Zweiten Weltkriegs begangenen Verbrechen übernimmt, niemals moralisch und politisch geschlossen werden wird. – Die Erinnerung daran und die Bewältigung der Vergangenheit werden nie enden – betont der Sprecher des Außenministeriums. – Wir wollen die deutsch-polnischen Beziehungen im vollen Bewusstsein der Vergangenheit gemeinsam gestalten. Gemeinsame Projekte zur Erinnerungskultur und zum Umgang mit Geschichte können hier einen wichtigen Beitrag leisten.

Deutscher Historiker: Mögliche Gesprächsbereitschaft

Für den deutschen Historiker Stephan Lehnstaedt, der sich mit der Erforschung des Holocaust befasst, ist der Begriffswechsel von „Wiedergutmachung“ zu „Entschädigung“ in der vom Seym verabschiedeten Resolution wichtig. – Reparationen sind immer auf nationaler Ebene, und Entschädigungen können individuell sein. Und das ist das Wichtigste: Dass die Handvoll Menschen, die noch am Leben sind, Überlebende des Zweiten Weltkriegs, endlich Geld bekommen – sagt DW Prof. Lehnstaedt vom Touro College Berlin. Er sieht darin eine mögliche deutsche Gesprächsbereitschaft.

Die Entscheidung des Sejm mit Zustimmung eines großen Teils der Opposition zeige seiner Meinung nach, dass Deutschland die Forderungen Warschaus nicht als PiS-Taktik abtun sollte. „Kriegsverbrechen sind eine gesamtgesellschaftliche Angelegenheit und sollten in Deutschland ernst genommen werden“, sagt Lehnstaedt.

„FAZ“: Opposition hinter Regierungsprojekt

Dass nun auch die Opposition in Polen Reparationen will, weist die meinungsbildende „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ („FAZ“) hin. „Die Opposition hat sich dem Vorstoß der Regierung angeschlossen, von Deutschland Reparationen für Schäden des Zweiten Weltkriegs zu fordern“, schreibt der Warschauer Korrespondent der Zeitung, Gerhard Gnauck. Er zitiert Tomasz Siemoniak, den stellvertretenden Vorsitzenden der Bürgerplattformpartei, der versicherte, dass auch die künftige Regierung der Bürgerplattform die Sache weiterführen werde.

Das Team um Arkadiusz Mularczyk von der PiS veröffentlichte am 1. September dieses Jahres. Bericht über die polnischen Kriegsverluste und schätzte sie auf 6 Billionen 200 Milliarden Zloty (1,3 Billionen Euro). Die polnische Regierung kündigte an, Berlin bis Anfang Oktober eine diplomatische Note zu diesem Thema zu übermitteln.

Bundeskanzler Olaf Scholz sagte nach Veröffentlichung des Berichts, die Frage der gesetzlichen Wiedergutmachung sei für Berlin abgeschlossen. Die Bundesregierung erinnert daran, dass der Verzicht auf weitere Reparationen 1953 von Polen erklärt und seither mehrfach von polnischen Regierungen bestätigt wurde. Auch Polen akzeptierte den Zwei-plus-Vier-Vertrag vorbehaltlos.

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Karla Bergmann

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