Nach 16 Jahren an der Spitze der deutschen Destinationen gelingt es Angela Merkel immer noch, die Deutschen zu überraschen. Beim traditionellen Militärabschied, das an diesem Donnerstag stattfindet, hatte die Kanzlerin die Möglichkeit, drei Lieder der Militärkapelle auszuwählen. Und eine der Möglichkeiten ist ein Lied von einem Symbol Punk.
Die Zeremonie mit dem Titel Großes Tattoo, ist die wichtigste militärische Zeremonie in Deutschland und beinhaltet einen Fackelzug (er findet am Ende des Tages statt). Aufgrund der Pandemie wird die Veranstaltung im Innenhof des Verteidigungsministeriums mit nur 200 Gästen eine kleinere Dimension haben. Wie ihre Vorgänger musste Merkel drei Lieder zum Spielen auswählen.
Die konservative Kanzlerin wählte die christliche Hymne Großer Gott, wir loben dich (auf Portugiesisch „großer Gott, wir preisen dich“), geschrieben von Pater Ignaz Franz 1771. Laut öffentlicher Rundfunk Deutsche Welle (DW), es dürfte eine Hommage an die christlichen Wurzeln ihrer Partei (CDU) sein, aber auch an ihre Erziehung als Tochter eines protestantischen Pfarrers.
Merkels zweite Wahl ist ein beliebtes Lied der deutschen Sängerin Hildegard Knef. Bei mir sollte es rote Rosen regnen (auf Portugiesisch muss es bei mir rote Rosen geregnet haben). „Es ist eine melancholische Melodie über die Träume und Ambitionen von Teenagern, mit Texten wie ‚Ich will alles oder nichts'“, so die DW. Das Lied enthält auch Sätze wie „Ich kann mich nicht anpassen“ und „Ich möchte immer auch gewinnen“, was die Korrespondent von Der Wächter in Berlin bereits „einen ironischen Glanz in den Augen suggeriert“ Merkel.
Am überraschendsten ist aber der dritte Song: der DDR-Hit der Punkrock-Sängerin Nina Hagen von 1974: Du hast den Farbfilm vergessen (Du hast den Farbroller vergessen).
Nina Hagen, ein Star in der DDR, hat sich nach dem Fall der Berliner Mauer zu einer westdeutschen Punk-Ikone entwickelt.
Merkel ist in der DDR aufgewachsen (darüber redet sie aber selten) und wird in ihrer Jugend das Lied gehört haben, in dem Hagen beklagt, dass ihr Freund Michael nur für einen Urlaub auf der Insel Hiddensee Schwarz-Weiß-Fotorollen gemacht hat.
Das Lied mit dem Satz „Niemand wird glauben, wie schön es hier war“ wurde als Kritik an der DDR mit ihren Grautönen und der Seltenheit von Farbrollen gewertet.
Wenn für manche die Botschaft, die Merkel vermitteln will, nur lautet, dass die „Ostalgie“ der Nostalgie nach Ostdeutschland nicht entgeht, dann für andere, so die Der WächterVielleicht möchte die Kanzlerin der Musik eine moderne Lektüre geben: „ein Frustgeheul über Männer, die ihren Job nicht richtig machen“, so eine Kritik an ihren männlichen Kollegen.
2005, beim Abschied von Gerhard Schröder, erklang es Sommer von George Gershwin (für eine Oper Porgy und bess), Die Ballade von Mack the Knife, komponiert von Kurt Weill mit Texten von Bertolt Brecht, und Meine Art, von Frank Sinatra. Das hat Schröder zu Tränen gerührt.
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