Ihr seid gefährliche Nachbarn. Ein deutscher Journalist erklärt, warum er Tschechien für das Virus kritisierte

Am Freitag übertraf Deutschland die zwei Millionen Menschen, die sich seit Beginn der Pandemie mit Covidem-19 infiziert hatten. Die meisten Menschen starben am Donnerstag, 1244 Infizierte.

Achtzig Kilometer vor der tschechischen Grenze: Die Särge passen nicht ins Krematorium in Meißen Video: Aktuálně.cz

Die einflussreiche Berliner Tageszeitung Die Welt veröffentlichte letzte Woche einen Text ihres führenden Kommentators Olaf Gersemann mit dem Titel Gefährlicher Nachbar: Wir müssen endlich über Tschechien reden. Am schlimmsten sei die Situation in Deutschland in den Bundesländern Sachsen und Bayern, insbesondere in den Grenzgebieten zu Tschechien, so der Journalist. Das ist seiner Meinung nach kein Zufall und Deutschland wird die Pandemie nicht zähmen, es sei denn, die Lage in Tschechien verbessert sich.

„Der Aufbau einer Bekämpfung mit Anti-Coronavirus-Maßnahmen ist schwierig, weil die Krankheit über die offene Grenze zu Tschechien hinweg ständig genährt wird. Dort ist eine dritte Welle einer Pandemie mit 829 Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner pro Woche ausgebrochen. Das ist die zweitschlechteste Zahl.“ der Welt“, schrieb Gersemann. und fügte hinzu, dass ein solcher Kontrollverlust über die Pandemie, wie er in der Tschechischen Republik zu beobachten ist, anderswo in Europa nicht existiert.

Auf Twitter und auf der Website Die Welt hat die Journalistin den Text um eine Karte ergänzt Robert-Koch-Institut für Epidemiologie in Berlin, die zeigt, dass sich die größten Ausbrüche des Coronavirus in Deutschland tatsächlich im Osten, nahe der tschechischen Grenze, ereignen.

Die Tageszeitung Aktuálně.cz wandte sich mit Fragen an den Journalisten Olaf Gersemann. In seinen Antworten erklärte er unter anderem, dass er nicht die Schließung der deutsch-tschechischen Grenze in dem Sinne meinte, dass Tschechen in der Bundesrepublik nicht arbeiten könnten. Das Problem sieht er im Pendeln, also im täglichen Grenzübertritt tschechischer Arbeiter.

„Es gibt viel bessere Möglichkeiten, die Ausbreitung der Krankheit zu verhindern. Natürlich testen wir als Erste mehr. Aber vor allem: Warum können wir tschechischen Mitarbeitern keine Prämien und höhere Gehälter in Deutschland für einen längeren Aufenthalt in Deutschland anbieten?“ und sich nicht ständig hin und her bewegen?“ stellt der Kommentator eine rhetorische Frage.

Das Problem der Grenzschließung

Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer hat am Freitag bestätigt, die Grenze nicht schließen zu wollen und Sachsen weiterhin für tschechische Pendler zu stehen. Auf tschechische Ärzte und Pfleger kann sein Bundesland nicht verzichten.

Der Journalist Olaf Gersemann behauptet, dass viele Tschechen auch in Geschäften in der Grenzstadt Bad Schandau arbeiten. Auf die Frage, ob die Regierung in Berlin oder die Länder Sachsen und Bayern mit einem härteren Vorgehen gegen Tschechien zurückhaltend seien, weil sie die gutnachbarlichen Beziehungen nicht gefährden wollten, nannte er ein anderes Problem.

„Die Regierung will das unangenehme Thema der Grenzschließung vermeiden. Das ist seit 2015 innenpolitisch giftig. (Damals brach eine Flüchtlingskrise aus und über eine Million Asylsuchende kamen nach Deutschland – Anm. d. Red.),“ erklärt Gersemann der Tageszeitung Aktuálně.cz.

Gleichzeitig fügt der deutsche Kommentator hinzu, dass auch in Deutschland genaue Daten zur aktuellen tschechischen Situation fehlen. „Leider ist wenig bekannt und darüber gesprochen. Die deutschen Behörden informieren Tschechien nicht systematisch und das Europäische Zentrum für die Kontrolle und Prävention von Krankheiten hat seine Tagesberichte seit Dezember reduziert“, sagte die Journalistin Die Welt.

Bundeskanzlerin Angela Merkel und Gesundheitsminister Jens Spahn haben die Deutschen zur Geduld aufgerufen, die harten Maßnahmen in Deutschland werden noch acht bis zehn Wochen dauern, voraussichtlich bis Anfang April.

Video: In Tschechien sind die Zahlen erschreckend. Die Deutschen beschweren sich, dass die Tschechen dort einkaufen

Es gibt nichts mehr zu kaufen, nur Geschäfte mit Grundwaren haben geöffnet. Wir haben seit Anfang Dezember einen harten Lockdown, alle Schulen sind geschlossen. | Video: Martin Veselovský

Aldrich Sachs

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