Die EZB wird nicht mehr viel Schaden anrichten

Die Europäische Zentralbank (EZB) beließ letzte Woche ihren Leitzins bei 4,50 % und beendete damit einen drastischen geldpolitischen Straffungszyklus. Anders als in den USA scheint es, dass keine weiteren Zinserhöhungen erforderlich sein werden, um die Inflation in der Eurozone einzudämmen. Die Kerninflation sinkt rapide, auch die Immobilienpreise sind im Minus und vor allem sparen die in Euro zahlenden Regierungen einzelner Länder in ihren Haushalten, was der EZB die Hände frei macht, denn mit ihren Kürzungen tun sie viel Dahinter steckt die Arbeit, die Preise zu stabilisieren.

Diese Woche sollte sich ein weiterer disinflationärer Trend in der Eurozone bestätigen. Es wird eine große Menge monatlicher und vierteljährlicher Daten eingehen. Am Dienstag dürfte sich die Kerninflation laut Konsens im Jahresvergleich von 4,5 % auf 4,2 % verlangsamen und das BIP für das dritte Quartal voraussichtlich stagnieren. In einem solchen makroökonomischen Umfeld muss die EZB nicht länger das Tempo drosseln, sie muss lediglich in die Neutralstellung gehen und abwarten, wie sich der Weg weiter entwickelt.

Jahresentwicklung der Kerninflation im Euroraum:

Sollte sich die Konjunktur- und Preisschwäche in der Währungsunion bestätigen, wäre dies ein weiterer Faktor für einen schwächeren Euro. Allerdings ist der Euro bereits relativ schwach, und für das Währungspaar EUR/USD wird die Sitzung der amerikanischen Zentralbank (Fed) am Mittwoch sicherlich die preisentscheidende Neuigkeit Nummer eins sein. Ein klarer Trend für den Eurodollar lässt sich daher auch im Falle überraschender Makrodaten aus der Eurozone nicht ohne weiteres feststellen.

Sollte sich die Desinflation jedoch bestätigen, wäre der positive Effekt auf jeden Fall am Aktienmarkt zu spüren, insbesondere bei Unternehmen aus der Immobilien- und Baubranche, bei denen die Aussicht auf einen allmählichen Rückgang der Zinsen für neuen Optimismus sorgen dürfte.

Entwicklung des Deutschen Aktienindex DAX (4-Stunden-Chart – H4):

Der größte europäische Gewerbewohnungsbesitzer Vonovia, der österreichische Baustoffhersteller Wienerberger oder der deutsche Mischkonzern Thyssenkrupp standen in den letzten Wochen unter Druck. Im Falle einer Umstellung der EZB auf eine gemäßigte Haltung und einem daraus resultierenden Rückgang der deutschen und anderen europäischen Anleiherenditen wären diese Unternehmen die ersten, die die Änderung des Geldzyklus in einen Anstieg ihrer Aktienkurse umsetzen würden. Darüber hinaus ist letzteres Thyssenkrupp zuletzt ins Fadenkreuz des tschechischen Investmenträubers Daniel Křetínský geraten, was nach historischen Erfahrungen auf interessant gepreiste Aktien zum Kauf schließen lässt.

Entwicklung des Thyssenkrupp-Aktienkurses:


Tomáš Raputa
Analyseteam von FXstreet.cz

Quellen: MT4, Tradingeconomics.com, Forbes, Eurostat

Katrin Taube

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