Deutschland hat am Samstag eine Minute vor Mitternacht sein letztes Atomkraftwerk vom Netz genommen und damit die Atomstromerzeugung nach mehr als 60 Jahren beendet. Die DPA-Agentur informiert heute darüber. Doch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder sagte gegenüber der Bild am Sonntag, sein Bundesland wolle die Kernkraftwerke weiterhin in Eigenverantwortung betreiben.
Ursprünglich sollten die letzten Atomkraftwerke in Deutschland Ende letzten Jahres abgeschaltet werden, doch aufgrund der Auswirkungen des Einmarsches russischer Truppen in die Ukraine und der darauffolgenden Verschärfung der Energiekrise beschloss die Bundesregierung, drei Kernkraftwerke beizubehalten Anlagen den ganzen Winter über in Betrieb. Aufgrund des entsprechenden Gesetzes mussten sie am Samstag endgültig abgeschaltet werden.
Die Kraftwerke Isar 2 in Bayern, Emsland in Niedersachsen und Neckarwestheim 2 in Baden-Württemberg, die um 23:59 Uhr MEZ vom Netz gingen, wurden abgeschaltet.
Der erste Kernreaktor wurde 1961 in Deutschland in Betrieb genommen. Die letzten drei Kernkraftwerke machten im ersten Quartal dieses Jahres etwa fünf Prozent der deutschen Stromproduktion aus. Die Bundesrepublik will in den kommenden Jahren ausschließlich auf erneuerbare und ökologische Energiequellen umsteigen.
Eine Umfrage des Forsa-Instituts in dieser Woche ergab, dass zwei Drittel der Deutschen dafür sind, die Lebensdauer von Reaktoren zu verlängern oder alte Anlagen wieder ans Netz zu bringen. Nur 28 Prozent wollten, dass sie eingestellt werden.
Auch Bayerns Ministerpräsident Söder wünscht sich ein Weitermachen, die Entscheidung zur Abkehr vom Kern sei ein „absoluter Fehler“ gewesen. Er wünscht sich eine Änderung der deutschen Gesetze, damit Bayern mit seinen 13 Millionen Einwohnern Kernkraftwerke in eigener Verantwortung betreiben kann. Ihm zufolge müssen alle Energiequellen genutzt werden, bevor die Krise endet und der Übergang zu erneuerbaren Energien gelingt.
Es ist höchst unwahrscheinlich, dass die Bundesregierung, die einem anderen politischen Lager angehört als Söders Christlich-Soziale Union (CSU), einer solchen Sache zustimmen würde. Aber selbst das Kabinett von Bundeskanzler Olaf Scholz räumt ein, dass es in den kommenden Jahren mehr Energie aus Gas und Kohle nutzen muss, die teilweise deutlich problematischer sind als die Kernenergie.
Nach Angaben des der Universität Oxford angegliederten Projekts Our World in Data ist Atomkraft etwa 350-mal sicherer als Kohle, was die Todesfälle pro Terawattstunde erzeugter Energie angeht. Bezogen auf die Treibhausgasemissionen ist Kernenergie laut Website etwa 270-mal sauberer als Kohle.
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