Während ein Großteil der Anleger den amerikanischen Aktienmarkt beobachtet und vor allem bei Technologieaktien eine Bodenbildung sucht. In Europa wird jedoch eine interessantere Geschichte geschrieben.
Der deutsche Autohersteller Volkswagen hat Ende September beschlossen, einen 25-Prozent-Anteil an seiner bisher vollständig kontrollierten Marke Porsche an der Börse zu verkaufen. Der Börsengang von Porsche ist ein Erfolg und Volkswagen erhält für seine Beteiligung 19,4 Milliarden Euro in bar. Seitdem wachsen die Aktien der Porsche AG* (P911) und zum heutigen Kurs beträgt die Marktkapitalisierung dieses Autokonzerns laut Börsenbewertung 96,5 Milliarden Euro. Porsche ist eine interessante margenstarke Marke, daher ist eine Bewertung mit dem 21-Fachen des Gewinns (KGV) nicht sonderlich marktfremd.
Kursentwicklung der Aktie der Porsche AG seit dem Börsengang (4-Stunden-Chart – H4):
Die im Titel erwähnte Anomalie beginnt mit der Bewertung der Aktien der Volkswagen AG. Zu diesem Unternehmen gehören neben dem gleichnamigen Autokonzern auch Audi, Škoda, Seat, Bentley, MAN, Scania und einige andere kleinere Marken zu 100 Prozent. Außerdem besitzt er noch 75 % von Porsche. Und die Marktkapitalisierung dieser gesamten Gruppe beträgt nur 78,4 Milliarden Euro. Zieht man bei der Börsenbewertung die 72,4 Milliarden Euro für den restlichen Porsche-Anteil ab, bleiben 6 Milliarden Euro für alle anderen Marken übrig, was kein Fehlkauf ist. Also wird entweder Porsche überschätzt oder Volkswagen unterschätzt. Die zweite Option klingt wahrscheinlicher.
Die Aktien der Volkswagen AG werden jetzt bei einem KGV von unter 4 gehandelt, wenn sowohl die diesjährigen als auch die prognostizierten zukünftigen Gewinne berücksichtigt werden. Das PE ist extrem niedrig, Investoren berücksichtigen den hohen Liquiditätsbedarf für grüne Investitionen und das Risiko einer weiteren Entschädigung für Dieselgate. Trotzdem verdient Europas größter Autobauer eine bessere Bewertung, wenn er trotz steigender Energiepreise, der Abschreibung der gesamten russischen Sparte und einem Mangel an Chips und anderen Materialien für die Produktion einen Nettogewinn von 15 Milliarden Euro pro Jahr erwirtschaften kann. Ein potenzieller Anstieg des KGV von 4 auf 8 bedeutet bei unverändertem Gewinn rechnerisch, dass die Aktie um 100 % gestiegen ist.
Ausgewählte Finanzkennzahlen der Volkswagen AG und deren Ausblick:
Bei der Anlage in Volkswagen-Aktien ist zwischen stimmberechtigten Stammaktien und nicht stimmberechtigten Vorzugsaktien zu unterscheiden, die jedoch um 0,06 € höher dividendenberechtigt sind. Für Privatanleger sind Vorzugsaktien interessanter, da sie im Vergleich zu Stammaktien mit einem Abschlag von 20-30 % gehandelt werden.
Entwicklung des Vorzugsaktienkurses der Volkswagen AG (in EUR):
Tomáš Raputa
Analyseteam von FXstreet.cz
Quellen: investing.com, tradeneconomics.com, Reuters, marketscreener.com
* Nicht zu verwechseln mit Aktien der Porsche Automobil Holding SE (PAH3). Diese Holdinggesellschaft der Familien Piech und Porsche hingegen steht über dem gesamten Automobilkonzern Volkswagen AG, an dem sie mit 31,4 % beteiligt ist.
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