Cyborg-Technologie: Biochip imitiert die Netzhaut

Elektronik

Leitartikel der Website für technologische Innovation – 11.08.2023

Der neue Halbleiter, aus dem der Biochip besteht, besteht vollständig aus ungiftigen organischen Komponenten, ist flexibel und arbeitet mit Ionen.
[Imagem: Istituto Italiano di Tecnologia]

Künstliche Netzhaut

Auf seinem Weg zur Verschmelzung von Biologie und Maschine hat das Team von Professor Francesca Santoro vom Forschungszentrum Jülich in Deutschland gerade einen Biochip vorgestellt, der die menschliche Netzhaut in beispielloser Perfektion nachahmt.

Im wirklichen Leben werden nach und nach die ersten Schritte in Richtung Science-Fiction-Cyborgs gemacht: Tausende Menschen tragen Herzschrittmacher zur Behandlung von Herzrhythmusstörungen oder Cochlea-Implantate zur Verbesserung des Hörvermögens, und die ersten Netzhautimplantate beginnen, fast blinden Menschen das Sehen zu erleichtern. zumindest ein Bisschen.

Dieser neue Chip verspricht, dass Netzhautimplantate noch besser mit dem menschlichen Körper verschmelzen. Es besteht aus leitfähigen Polymeren und lichtempfindlichen Molekülen, die die lichtempfindlichen Zellen der Netzhaut imitieren und so die Sehbahnen vervollständigen.

„Unser organischer Halbleiter erkennt, wie viel Licht auf ihn fällt. Ähnliches passiert in unseren Augen. Die Lichtmenge, die auf die einzelnen Fotorezeptoren trifft, erzeugt letztendlich das Bild im Gehirn“, erklärt Santoro.

organische Transistoren

Das Besondere an dem neuen Halbleiter, aus dem der Biochip besteht, ist, dass er vollständig aus ungiftigen organischen Komponenten besteht, flexibel ist und mit Ionen, also mit elektrisch geladenen Atomen, und nicht mit Elektronen arbeitet – unserem Körper, insbesondere unserem Nervensystem, arbeitet grundsätzlich mit Einzelströmen.

Damit lässt sich der Schaltkreis viel natürlicher in biologische Systeme integrieren als herkömmliche Halbleiterbauteile aus Silizium, die nur mit Elektronen arbeiten und zudem starr sind. „Die Zellen in unserem Körper nutzen Ionen gezielt, um bestimmte Prozesse zu steuern und Informationen auszutauschen“, erklärt Santoro. „Wir konnten zeigen, dass mit diesem Chip die typischen Eigenschaften der Netzhaut nachgeahmt werden können.“

Und die Forscher denken bereits über eine weitere mögliche Anwendung nach: Der Chip kann auch als künstliche Synapse fungieren, da Lichteinstrahlung die Leitfähigkeit des Polymers sowohl kurz- als auch langfristig verändert. Echte Synapsen funktionieren ähnlich: Durch die Übertragung elektrischer Signale verändern sie beispielsweise ihre Größe und Effizienz, was die Grundlage für die Lern- und Erinnerungsfähigkeit unseres Gehirns ist.

Cyborg-Technologie: Biochip imitiert die Netzhaut

Der Biochip besteht aus organischen Transistoren, die Gehirnsynapsen nachahmen.
[Imagem: Federica Corrado et al. – 10.1038/s41467-023-41083-2]

Computer vor Cyborgs

Derzeit befindet sich die Entwicklung jedoch in der Proof-of-Concept-Phase und es ist noch viel Arbeit nötig, bevor wir über Mensch-Maschine-Verbindungen im Cyborg-Stil nachdenken können. „In zukünftigen Experimenten wollen wir Komponenten an biologische Zellen koppeln und viele einzelne Komponenten verbinden“, kündigte Santoro an.

Tatsächlich ist es möglich, dass die Computertechnologie zuerst von diesen organischen Halbleitern profitieren wird. Aufgrund ihrer Eigenschaften können diese Chips als Hardware für künstliche neuronale Netze dienen. Heutzutage arbeiten Programme der künstlichen Intelligenz mit klassischen Prozessoren, die ihre Struktur nicht anpassen können, sondern lediglich das selbstlernende Prinzip biologischer neuronaler Netze durch Software nachahmen. Das ist sehr ineffizient, und künstliche Neuronen sind die beste Hoffnung, eine neue Generation neuromorpher Datenverarbeitung zu unterstützen.

Literaturverzeichnis:

Artikel: Azobenzolbasierte optoelektronische Transistoren für Neurohybridbausteine
Autoren: Federica Corrado, Ugo Bruno, Mirko Prato, Antonio Carella, Valeria Criscuolo, Arianna Massaro, Michele Pavone, Ana B. Muoz-Garca, Stiven Forti, Camilla Coletti, Ottavia Bettucci, Francesca Santoro
Magazin: Nature Communications
Band: 14, Artikelnummer: 6760
DOI: 10.1038/s41467-023-41083-2

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Clothilde Kopp

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