Annalena Baerbocková: Der Fall der Vorsitzenden der deutschen Grünen

Der Österreicher Stefan Weber trägt den Spitznamen „Plagiatsjäger“, Plagiatsjäger. Der Medienexperte hat bereits mehrere Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens und der Politik aufgedeckt, die sich die Urheberschaft fremder Werke angeeignet haben. Ein Blick auf die Seiten von Webers Blog lässt vermuten, dass er sich in den letzten Tagen intensiv mit der Arbeit von Annalena Baerbock, der Wahlvorsitzenden der deutschen Grünen und Kanzlerkandidatin, beschäftigt hat.

Laut Weber hat Baerbock in ihrem neuen Buch „Now. How to Restore Our Country“ ganze Sätze in mehreren Teilen abgeschrieben, ohne es zuzugeben. Gleichzeitig soll die Publikation ihre persönliche Sicht auf die politischen und gesellschaftlichen Fragen der Gegenwart darstellen Deutschland. Quellen, von denen sich der Politiker „inspirieren“ lassen soll, sollen laut Weber Artikel in deutschen Medien, zuvor veröffentlichte Stellungnahmen von Experten oder professionelle Internetquellen gewesen sein.

Weber betont, dass ihn persönliches Interesse dazu bewogen habe, das Buch zu rezensieren, und dass er das alles umsonst mache. Doch laut Vertretern der Grünen handelt es sich tatsächlich um einen persönlichen Angriff und um den Versuch, Baerbock zu diskreditieren. Und das weniger als drei Monate vor den Parlamentswahlen, bei denen er seine Partei anführt.

Ein Beispiel für eine angeblich beschriebene Passage aus einem Buch

Annalena Baerbock schreibt:

„Der Klimawandel betrifft die gesamte Wertschöpfungskette von Unternehmen, zum Beispiel durch wetterbedingte Lieferantenausfälle, Schäden an Straßen, Schienen und Gebäuden oder Rohstoffknappheit.“

Text, der zuvor auf dem ClimateChallenge.de-Blog veröffentlicht wurde:

„Der Klimawandel wirkt sich auf die gesamte Wertschöpfungskette von Unternehmen aus: ob durch Wetterextreme durch Ausfälle bei Zulieferern, Schäden an Verkehrsinfrastruktur oder Gebäuden oder Veränderungen in der Qualität oder Verfügbarkeit von Rohstoffen.“

Deutsche Medien unterscheiden sich in ihrer Einschätzung. Während konservativere Tageszeitungen wie Die Welt das Thema ausführlich aufgreifen und den Grünen-Politiker kritisieren, schreiben liberale Blätter wie die Süddeutsche Zeitung mehr über die „Kunst der Verleumdung“ und erklären, warum ihrer Meinung nach die Vergehen des Kandidaten für das Amt des Bundeskanzlers sind nicht so ernst.

„Es ist einfach keine wissenschaftliche Arbeit, die nach genau vorgegebenen Kriterien geschrieben werden muss“, betont die liberale Wochenzeitung in ihrem Artikel Spiegel.

Betrügerische oder zumindest unlautere Praktiken beim Verfassen von Abschlussarbeiten werden in Deutschland sehr kritisch bewertet. 2011 kostete eine solche Enthüllung den damaligen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg alle politischen Ämter, so auch diesen Juni Sie kam Bundesjustizministerin Franziska Giffey für ihre Promotion und einen Regierungssitz.

Der Spiegel bezweifelt aber auch, dass Baerbock mit ihrem Vorgehen eindeutig fremde Urheberrechte verletzt hätte, wie „Plagiatsjäger“ Weber andeutet. Inzwischen wurde der Autor auch von dem Verlag, der den Text veröffentlichte, und einigen Anwälten unterstützt.

Grüne Kanzlerin?

Die Deutschen gehen am 26. September zur Wahl. Aus dem Kampf zwischen den großen politischen Parteien wird eine Figur hervorgehen, um den scheidenden Kanzler im Amt zu ersetzen Angela Merkel (Christlich Demokratische Union, CDU).

Die deutschen Regierungschefs haben tendenziell nicht nur die größte politische Macht in der Bundesrepublik, sondern auch innerhalb Europas in der Hand. Ihr Einfluss ist von globaler Bedeutung, wie der Spitzname „Führer der freien Welt“ zeigt, den sich Merkel in der Vergangenheit verdient hat.

In diesem Jahr sieht es zum ersten Mal in der deutschen Geschichte so aus, als könnten auch die Grünen, eine historisch kleinere und weniger einflussreiche Partei, auf dieses Amt hoffen. Die Ernennung von Annalena Baerbocková zur Wahlleiterin im April dieses Jahres bedeutete für sie einen regelrechten Wählerzuspruch. Eine junge Frau, die nicht nur durch ihr Alter, sondern auch durch mangelnde Erfahrung in politischen Ämtern auffiel, führte die Partei in Umfragen vor der Wahl an die Spitze.

Doch in den vergangenen Wochen verloren die Grünen wieder. Umfrage Juni zeigte sich wieder eine traditionellere Kräfteverteilung: An erster Stelle steht nun die konservative CDU/CSU-Gruppierung der scheidenden Kanzlerin Merkel, hinter der die Grünen zehn Prozentpunkte zurückbleiben.

Er gibt sich so große Mühe, kompetent auszusehen

Ursache ist laut Experten unter anderem das unkontrollierte „Krisenmanagement“ der Grünen bei Drohungen oder tatsächlichen Affären. Zuvor musste sich Baerbock gegen Vorwürfe wehren, sie habe ihren Lebenslauf verschönert. Konkret ging es um eine besser klingende Übersetzung ihrer Abschlüsse von ausländischen Universitäten und „Mitgliedschaften“ in Stiftungen und Organisationen, die das gar nicht anbieten.

„Es ist erstaunlich und unverständlich, dass die Grünen auf diese Angriffe so schlecht vorbereitet sind. Sie machen Fehler, die einfach nicht passieren dürfen.“ meint zum Beispiel Lothar Probst, Parteienexperte von der Universität Bremen. Ihm zufolge verlieren die Grünen an Glaubwürdigkeit und Ernsthaftigkeit, obwohl die Fehltritte ihres Vorsitzenden kleiner oder vergleichbar seien mit denen ihrer Konkurrenten – dem konservativen Kandidaten Armin Laschet oder dem sozialdemokratischen Adepten, dem derzeitigen Finanzminister Olaf Scholz.

Stefan Weber spricht über Baerbock ethisch Fehlverhalten a Geschichtenerzählen. Und wie deutsche Kommentatoren schreiben, sind solche Etiketten ein großes Problem für einen Politiker, der versucht, die Wähler mit moralischen Herausforderungen zu beschäftigen: Verantwortung gegenüber dem Klima oder im Gegenteil eine kritische Haltung gegenüber Milliardenausgaben für Rüstung. „Wollen wir eine Person im wichtigsten Amt des Landes, die sich so sehr bemüht, fähig zu erscheinen, dass sie bereit ist, dafür zu betrügen?“ fasst einer der Kommentatoren des Wochenblatts Spiegel die Zweifel zusammen.

Katrin Taube

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