Bundeskanzler Olaf Scholz hat zusammen mit anderen Regierungsmitgliedern, Vertretern der Zentralbank, Arbeitgebern, Gewerkschaften und Ökonomen einen Ausschuss eingesetzt, in dem nach einer Lösung für die rasant wachsende Inflation gesucht wird. Die heute begonnenen Verhandlungen sollen bis zum Herbst eine konkrete Lösung bieten, sagte Kanzleramtssprecher Steffen Hebestreit auf der Pressekonferenz.
Das Tempo des Jahreswachstums der Verbraucherpreise in Deutschland verlangsamte sich von 7,9 Prozent im Mai auf 7,6 Prozent im Juni, bleibt aber auf dem höchsten Stand seit der Jahreswende 1973/74, als auch die Mineralölpreise stark stiegen Folge der ersten Ölkrise. Auch jetzt treibt die Inflation die Preise für Energierohstoffe und Energie stark in die Höhe, zum Teil als Folge des Einmarsches der russischen Truppen in die Ukraine, so manche Analysten, aber auch wegen der Energiepolitik in der EU.
Die Verbraucherpreise in Deutschland sind im vergangenen Jahr um 3,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen, so stark wie seit 1993 nicht mehr. In diesem Jahr rechnet die Regierungsprognose mit einem Wachstum von 6,1 Prozent. Aufgrund steigender Preise hat die Regierung bereits mehrere einmalige Maßnahmen ergriffen, um den Menschen zu helfen, die Folgen der Pandemie und die steigenden Energiepreise auszugleichen.
Scholz sagte am Sonntag in einem ARD-Interview, dass er die steigenden Heizkosten für einen sozialen Sprengstoff halte und deshalb gemeinsam mit Ökonomen, Arbeitgebern und Gewerkschaften längerfristige Entlastungsmöglichkeiten finden wolle.
Wie genau solche Schritte aussehen werden, ist allerdings noch nicht klar, da zu Beginn des heutigen Dialogs noch keine Ergebnisse erwartet wurden. Deutsche Medien erwähnten unter Berufung auf Quellen im Kanzleramt vor der Sitzung einen einmaligen steuerfreien Betrag sowie die Tatsache, dass die Gewerkschaften aus Gründen der Inflationsbekämpfung auf Forderungen nach Lohnerhöhungen in Tarifverträgen verzichten würden.
Die Lohnfrage wird einer der Reibungspunkte der Verhandlungen sein. Ver.di-Gewerkschaftschef Frank Werneke schloss heute im ARD-Fernsehen zurückhaltende Lohnforderungen aus. Ihm zufolge ist langfristig mit hohen Preisen zu rechnen, daher ist eine Anpassung der Lohnsätze erforderlich. Ähnlich äußerte sich der Vorsitzende der IG Metall, Jörg Hofmann. Auch Saskia Eskenová, Co-Vorsitzende der Scholzer Sozialdemokraten (SPD), dementiert, dass es nicht um Lohnerhöhungen gehe.
Auch die oppositionelle Konservative Union (CDU) hat Vorbehalte gegenüber den Plänen des Kanzleramts. Sie sagte, die Regierung habe es versäumt, einige wichtige Vertreter in den Beirat einzuladen. „Unter anderem die Opposition, die Länder, die Kommunen“, sagte Gitta Connemann, Bundestagsabgeordnete des CDU/CSU-Bundesverbandes Mittelstand.
Unter Druck wird auch Finanzminister Christian Lindner geraten, der der Vorsitzende der FDP ist. Lindner weigert sich, die Schulden zu erhöhen und will im nächsten Jahr wieder Haushaltsdisziplin wahren. Aktuelle Schulden bezeichnet Lindner als künftige Steuern, die er als wirtschaftliche Belastung empfindet.
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