Warum Deutschland die Nord Stream 2-Pipeline aussetzt

Deutschland setzt die Zulassung von Nord Stream 2 mit Russland aus. Die Nachricht treibt die europäischen Gaspreise wieder nach oben. Artikel von Pierluigi Mennitti aus Berlin

Was die Politik nicht wollte, wurde von der Bürokratie abgelöst. Die Bundesanstalt für Elektrizität und Kommunikation hat das Genehmigungsverfahren für die Inbetriebnahme der Gaspipeline Nord Stream 2 ausgesetzt. Grund: Das Unternehmen, das seine Geschäfte führt, muss sich zunächst nach deutschem Recht organisieren. Die umstrittene Pipeline, die den direkt von Russland nach Deutschland transportierten Gasfluss über den Ostseeboden verdoppeln wird, ist fertiggestellt, darf aber nicht ohne Genehmigung betrieben werden.
Die Russen hatten zugesichert, dass die Aktivitäten noch vor Jahresende beginnen würden, nun drohen die Komplikationen der deutschen Bürokratie, den von Moskau gewünschten Termin zumindest bis Ende Januar vorzuverlegen, wenn die Fristen für das Verfahren auslaufen.

Gemäß der europäischen Gasrichtlinie, das Ergebnis eines mühsamen und umstrittenen Kompromisses zwischen den verschiedenen europäischen Befindlichkeiten bei Nord Stream 2, muss das Unternehmen, das die Pipeline verwaltet, klar von demjenigen unterschieden werden, der das Gas liefert. Die deutsche Agentur stellte fest, dass Nord Stream 2 Ag, die Schweizer Tochtergesellschaft von Gazprom, die die Pipeline verwaltet, beschlossen hat, eine Tochtergesellschaft nach deutschem Recht zu gründen, die den deutschen Abschnitt der Leitung verwaltet. Diese Tochtergesellschaft wird Eigentümerin des deutschen Abschnitts der Pipeline und führt deren Betrieb und erfüllt damit förmlich die europäische Richtlinie. Es kann als Trick definiert werden, und auf jeden Fall hört alles auf, bis das neue Unternehmen gegründet ist.
Das Zertifizierungsverfahren werde ausgesetzt, bis die Übertragung wesentlicher Vermögenswerte und Personalressourcen an die Tochtergesellschaft abgeschlossen sei und erst dann wieder aufgenommen werden könne, teilten Beamte der deutschen Agentur mit und erinnerten daran, dass die Fristen im Januar 2022 auslaufen.

Die letzten Zeiten werden jedoch sicherlich noch länger sein. Nach der deutschen Zulassung wird eine Überprüfung durch EU-Beamte erwartet, die bis zu vier Monate dauern kann. Für die abschließende Zertifizierung stehen der deutschen Behörde dann weitere zwei Monate zur Verfügung. Kurzum, ab Ende dieses Jahres könnten wir Mitte nächsten Jahres erreichen: Das sind keine biblischen Zeiten für ein 1200 Kilometer langes Projekt, das 9 Milliarden Euro kostete und tausend politische Hindernisse überwinden musste (einschließlich der Opposition der USA und mittelosteuropäischen Ländern), aber sicher nicht die Nähe, auf die Putin (und wahrscheinlich auch die Deutschen) gehofft hatten.

Der Haken beim Zertifizierungsverfahren ist jedoch nicht das einzige bürokratische Problem auf dem Weg zur Inbetriebnahme von Nord Stream 2. Das Verwaltungsgericht Greifswald, eine Stadt an der Ostsee in der Nähe des deutschen Pipeline-Terminals, ist in diesen Tagen Prüfung einer Berufung eines kämpferischen Umweltverbandes, der Deutschen Umwelthilfe, gegen das Bergamt Stralsund, dem vorgeworfen wird, den Bau und Betrieb der Leitung Anfang 2018 genehmigt zu haben, nachdem derselbe Umweltverband den Antrag auf Überprüfung der Genehmigung abgelehnt hatte aus Klimaschutzgründen.

Der Stopp der Bundesanstalt für Elektrizität und Kommunikation kann jedoch die politische Debatte in Deutschland neu entfachen, insbesondere innerhalb der Parteien, die mühsam um die Bildung der neuen Regierung verhandeln. Tatsächlich sind die Meinungsverschiedenheiten zwischen SPD und Grünen über die Gaspipeline und generell über die Haltung Deutschlands gegenüber Russland mehrfach wieder aufgetaucht. Das Flimmern könnte wieder aufflammen, auch weil bei den Grünen die Unzufriedenheit über den Verhandlungsverlauf zunehmend spürbar wird, insbesondere wenn sich die Gerüchte bestätigen, das entscheidende Finanzministerium solle den Liberalen übertragen werden. Nord Stream 2 könnte erneut zum Konfliktherd werden: aus außenpolitischen, aber auch aus energie- und umweltpolitischen Gründen, denn die Grünen halten Gas für keine für Klimaschutzambitionen geeignete Übergangsenergie.

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