Nach Protesten sucht die Bundesregierung einen neuen Standort für ein LNG-Terminal bei Rügen

Berlin, 23. März (ČTK-Reporter) – Die Bundesregierung zieht sich vom Bau eines Terminals für verflüssigtes Erdgas (LNG) in der Nähe des Seebades Sellin auf Rügen zurück und prüft stattdessen den Rügenhafen Mukran als Alternativstandort. Das teilte das Bundeswirtschaftsministerium mit. Ökologen, Kommunen und die Landesregierung protestierten gegen die Platzierung von bis zu zwei schwimmenden LNG-Regasifizierungsanlagen bei Sellin. Die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig, begrüßte die Änderungen.

„Gut, dass die Bundesregierung nach Alternativen zu Sellin sucht“ kommentierte Schwesigová am Mittwoch die Ankündigung des Bundeswirtschaftsministeriums über die Inspektion des Hafens von Mukran.

Das von Robert Habeck für die Grünen geleitete Ministerium sagte, es halte Mukran für einen geeigneteren Standort. „Eine Entscheidung wird bald getroffen“, fügte er hinzu.

Gegen das Terminal, das rund fünf Kilometer von Sellin entfernt auf hoher See liegen sollte, erhob sich unter den Anwohnern sofort eine Welle des Widerstands. Den Protesten schlossen sich Vertreter von Kommunen, des Naturschutzbundes NABU und der Landesregierung von Ministerpräsident Schwesig an.

Kurz nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine drängte Schwesig die Bundesregierung, LNG-Terminals nicht nur an der Nordseeküste, sondern auch im Ostseeraum zu bauen. Sie begründete dies damit, dass die inzwischen ungenutzten russisch-deutschen Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 in ihrem Bundesland münden, die Infrastruktur dort also vorhanden sei. Sie wies auch darauf hin, dass nicht nur Ostdeutschland von dem Terminal profitieren würde, sondern auch die Nachbarländer, darunter Tschechien. Aber sie widersetzte sich entschieden der Wahl von Sellin.

„Mecklenburg-Vorpommern will seinen Beitrag zur Sicherung der Energieversorgung weiterhin leisten. Aber die technischen Lösungen müssen unserem Bundesland entsprechen. Tourismus, Natur und Menschen.“ sagte Schwesig vor einer Woche.

Der Standort in der Nähe von Sellin widerspreche diesen Bedingungen, fügte sie hinzu. Er begrüßt die aktuelle Änderung.

Mecklenburg-Vorpommerns Wirtschaftsminister Reinhard Meyer, der Schwesigs Position teile, sagte, die Bundesregierung erwäge Mukran sowie die Hafenstadt Rostock westlich von Rügen als Ersatz für Sellin. Till Backhaus, Meyers Kollege aus dem Landesumweltministerium, merkte an, die Bundesregierung solle zunächst prüfen, ob sie das Terminal überhaupt brauche.

Mecklenburg-Vorpommern verfügt bereits über ein LNG-Terminal, nämlich in Lubmin, wo sich die Nord Stream-Pipelines treffen. Die Anlage, die derzeit aus einer schwimmenden LNG-Vergasungsanlage besteht, ist ein privates Projekt der Deutschen ReGas. Das Terminal bei Rügen hingegen würde im Auftrag der Bundesregierung betrieben.

Als Reaktion auf die russische Invasion in der Ukraine beschloss Deutschland, schnell mehrere LNG-Terminals zu bauen, um seine Unabhängigkeit von Gaslieferungen aus Russland zu gewährleisten. Der deutsche Verband der Gas- und Wasserstoffspeicherbetreiber INES hat in diesem Monat der Bundesregierung empfohlen, die Notwendigkeit aller Terminals weiter zu prüfen. Laut INES könnten die Kapazitäten nach ihrer Fertigstellung überdimensioniert sein. Als Lösung schlug sie stattdessen den Bau von Stauseen vor, die Deutschland später zur Wasserstoffspeicherung benötigt. Die gleiche Empfehlung gilt für andere EU-Länder.

„LNG-Terminals in der Europäischen Union werden saisonal genutzt. Es sollte daher geprüft werden, inwieweit der Ausbau von Gasspeichern den Bedarf für den Bau von Terminals reduzieren kann.“ sagte INES in einem März-Bericht über die Gasversorgungsaussichten.

Die Bundesregierung hat den Bau von fünf LNG-Terminals mit Beteiligung beschlossen. Bisher wurden zwei Anlagen in Betrieb genommen, nämlich im niedersächsischen Wilhelmshaven und im schleswig-holsteinischen Brunsbüttel. Andere entstehen in Stade, wieder in Wilhelmshaven, und Lubmin wurde als fünfter Platz gewählt. Im Fall von Lubmin sieht das Projekt jedoch ein Meeresterminal in der Nähe von Ruján vor, von wo aus der Rohstoff nach der Regasifizierung durch eine Pipeline nach Lubmin fließen würde.

Das Interessante an dieser Lösung ist, dass Wirtschaftsminister Habeck laut der Zeitung Die Welt die nach dem Bau der Gaspipeline Nord Stream 2 übrig gebliebene Pipeline nutzen will, um das Terminal mit Lubmin zu verbinden. Die Pipeline lagert im Hafen von Mukran und ist sofort verfügbar. Ein solches Vorgehen gilt als umstritten, da die Pipeline dem insolventen Unternehmen Nord Stream 2 AG gehört, das dem russischen Gaskonzern Gazprom gehört. Laut der Zeitung will das Ministerium einen möglichen Deal aushandeln, damit das Geld nicht nach Moskau fließt.

Die Gaspipeline Nord Stream 2 wurde fertiggestellt, aber wegen der russischen Aggression nicht in Betrieb genommen. Zudem ist eine der beiden Pipelines dieser Pipeline seit September durch Sabotage beschädigt worden. Auch die beiden Pipelines von Nord Stream 1 wurden beschädigt.

Katrin Taube

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