Auch der Fall einer privaten Stiftung, die keine öffentlichen Ausgaben offenlegen will, könnte in Deutschland vor Gericht gebracht werden. Dabei gibt es in Deutschland seit fünfzehn Jahren ein Bundesgesetz über den Zugang zu öffentlichen Informationen und ähnliche Gesetze auf Landes- und Kommunalebene.
„Wo immer öffentliche Gelder ausgegeben werden, hat jeder Bürger das Recht, herauszufinden, wofür es ausgegeben wurde“, erklärt der investigative Journalist David Schraven. Die Regeln sehen jedoch auch Ausnahmen vor, die für einen Teil des Geldes gelten können, das für Aktivitäten ausgegeben wird, wenn der andere Teil nicht öffentlich finanziert wird. Vieles hängt auch von der Autonomie einer Stiftung ab. – Es kann zu jahrelangen Streitigkeiten kommen – weist er im DW-Interview hin. David Schraven leitet das Correctiv Information Center, ein Projekt zur Unterstützung des Bürger- und investigativen Journalismus. Die Correctiv-Büros in Berlin und Essen organisieren unter anderem Schulungen für Bürgerinnen und Bürger, bei denen sie Kenntnisse über den Zugang zu Informationen erwerben.
David Schraven betont die großen Vorteile der deutschen Gesetze zum Zugang zu öffentlichen Informationen. Jeder Bürger hat das Recht, die Akten ohne Angabe von Gründen einzusehen. Auch für Journalisten ist sie ein wichtiges Instrument, obwohl ihnen das deutsche Pressegesetz bessere und vor allem schnellere Recherchemöglichkeiten bietet.
Was fragen die Deutschen?
In Deutschland ist seit 2006 das Bundesgesetz über den Zugang zu öffentlichen Informationen in Kraft. Es ist eines der letzten Rechtsakte der SPD-Grünen-Koalition. Einige Bundesländer hatten bereits ähnliche Regelungen, andere haben sie erst in den letzten Dutzend Jahren erlassen. Heute haben sie dreizehn von sechzehn deutschen Bundesländern und viele Kommunen. Nur Sachsen, Bayern und Niedersachsen haben sie nicht. Während Sachsen bereits an entsprechenden Regelungen arbeitet, erwartet in Bayern, das fast durchgehend von der CSU regiert wird, niemand damit. Die föderale Struktur erschwert manchmal den Zugang zu Informationen. „Es gibt Zeiten, in denen Informationen, die in einem Bundesland eingehen, in einem anderen eingesperrt werden“, sagt Schraven.
Deutschland ist zwar nicht so weit entfernt wie Schweden (wo das Gesetz über den allgemeinen Zugang zu amtlichen Dokumenten seit 255 Jahren besteht), aber immer mehr Bürger machen von diesem Recht Gebrauch. Die Internetplattform „Frag den Staat“ verzeichnet jährlich rund 20.000 Anfragen. „Jedes Jahr werden es mehr und mehr Leute lernen davon“, sagt DW Arne Semsrott, Plattformmanager. Sie können Ihre Anfrage an die zuständige Behörde oder Stelle richten.
Nun wollen sich die meisten Menschen im Zusammenhang mit der Coronavirus-Pandemie informieren – was sie tun dürfen und auf welcher Grundlage über individuelle Einschränkungen entschieden wurde. Sie fragen auch nach dem Maskenskandal – welcher Politiker und wie viel er privat mit dem Kauf von Masken und Schutzkleidung verdient hat. Es gibt aber auch Fragen, die entweder Nachbarschaftsangelegenheiten (Bau einer neuen Straße oder eines Schwimmbads) oder große politische Themen wie Pläne oder Gutachten der Europäischen Kommission oder des Innenministeriums betreffen.
Die primär durch Spenden finanzierte Plattform FragDenStaat.de zeigt auch, ob eine andere Person bereits einen Antrag für denselben Fall gestellt hat und hilft gegebenenfalls bei der Finanzierung von Gerichtsverfahren. – Ein verlorener Prozess kann in erster Instanz bis zu 2.500 Euro kosten – sagt Arne Semsrott.
Der Vertreter ist manchmal effektiv
Bei einigen Streitigkeiten kann der Bundesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit oder sein Äquivalent in den Ländern helfen. Obwohl ihre Möglichkeiten begrenzt sind (sie umfassen Mediation und Einspruch, aber keine Veröffentlichung von Informationen), kann ihre Mediation in vielen Fällen wirksam sein. – Vor allem, wenn es um bürgernahe kommunale Angelegenheiten geht, denn viele kommunale Einrichtungen wissen nicht, dass sie den Bürgern Auskunft geben können – sagt David Schraven.
Die Berichte des Bundesanwalts zeigen, dass Deutschland zunehmend von seinem Auskunftsrecht Gebrauch macht und sich auch mit Beschwerden an ihn wendet. Im Jahr 2019 stieg die Zahl der von der Agentur bearbeiteten Open-Access-Fälle um mehr als 58 Prozent (461 Fälle gegenüber 291 im Jahr 2018).
Ministerielle Ausweichmanöver
Kein Gesetz oder Vollmacht hilft jedoch, wenn sich Beamte auf das Privatrecht berufen. Nach dem Informationsfreiheitsgesetz sind grundsätzlich nur Behörden und Institutionen zur Auskunftspflicht verpflichtet.
„Einige Ministerien sind bereit, noch staatliche, aber privatrechtlich organisierte Unternehmen zu gründen, wodurch die Auskunftspflicht entfällt“, erklärt Arne Semsrott. Als Beispiel nennt er im Verkehrsministerium gegründete Gesellschaften mit beschränkter Haftung; die eine beschäftigt sich mit Planung, Bau, Finanzierung und Verwaltung deutscher Autobahnen, die andere mit der Beseitigung von „weißen Flecken“ im Mobilfunkbereich.
– Beim Nachfragen beim Ministerium greifen Beamte schnell auf „Geschäftsgeheimnisse“ zurück und verweisen auf das Privatrecht. Dies ist eine Sicherheitslücke bei der Vermeidung und ein großes Problem, fügt Semsrott hinzu.
Aber das ist nicht das einzige Hindernis. Die Plattform „Ask the State“ wollte vom Bundesinnenministerium Zugriff auf SMS und Direktnachrichten von Twitter haben, erkannte, dass es sich dabei auch um „offizielle Informationen“ handele.
– Wir haben das 21. Jahrhundert. Papierbinder gehören der Vergangenheit an, auch die Entscheidungsfindung laufe per SMS, WhatsApp, Signal und Twitter-Messaging, argumentiert Arne Semsrott. Das Ministerium lehnte jedoch ab, und die Gerichte sahen den Fall zuungunsten der Plattform an. Aktivisten haben noch eine Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht.
Open-File-Aktivisten warnen auch davor, dass es zu weiteren Lecks kommen wird, wenn die Möglichkeiten für offizielle Informationen eingeschränkt werden. Und diese wiederum stellen eine größere Bedrohung für die Verwaltung dar.
Der deutsche Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit möchte den Zugang zu öffentlichen Akten noch weiter entwickeln – hin zu Transparenz und proaktiven Elementen. Dass öffentliche Institutionen ihre Entscheidungsdokumente und -prozesse selbstständig und ohne Rückfrage veröffentlichen. Idealerweise ein zentrales Portal, über das zeitgleich konkrete Informationsanfragen gestellt werden können.
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