„Deutschland respektiert die schweizerische Neutralität nicht.“ Berlin und Bern streiten um Munitionslieferungen an die Ukrainer | iRADIO

Die Schweiz wird voraussichtlich den Antrag Deutschlands ablehnen, Munitionslieferungen für deutsche Gepard-Flugabwehrkanonen in die Ukraine zuzulassen. Deutsche Politiker fordern ein Ende der Waffengeschäfte mit Bern, berichtet die Financial Times. Schweizer Politiker weisen darauf hin, dass die Lieferung von Munition nach Kiew die schweizerische Neutralität gefährden würde.




Bern/Berlin

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Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht | Foto: Brendan McDermid | Quelle: Reuters

Laut der Financial Times haben Schweizer Abgeordnete am Montag Deutschland beschuldigt, die schweizerische Neutralität nicht mehr zu respektieren. Das Problem hat an Dringlichkeit gewonnen, nachdem Russland seine Luftoffensive gegen die ukrainische Infrastruktur verstärkt hat und die Waffenvorräte der Ukraine geschrumpft sind, sagten deutsche Beamte.

Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht schrieb vor zehn Tagen an die Schweizer Regierung und forderte sie auf, das Veto gegen die Wiederausfuhr von Flugabwehrgranaten für die Gepard-Systeme aufzuheben, die Berlin Kiew gespendet hatte.


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Einen ähnlichen Antrag aus Berlin lehnte Bern bereits im April ab. Zudem lehnte die Schweiz im Mai auch das Gesuch Dänemarks ab, zwei Dutzend Piranha-Schützenpanzer in die Ukraine zu reexportieren.

Deutschland will der Ukraine 12.000 in der Schweiz hergestellte Granaten aus seinem Arsenal schicken. Berlin hat sie vor Jahrzehnten für 50 Geparden gekauft, die es nun der Ukraine versprochen hat. Damit Berlin die Munition exportieren kann, braucht es allerdings die Zustimmung der Schweiz.

Die Regierung des Alpenstaates hat bei vertraglichen Vereinbarungen über den Weiterverkauf oder die Schenkung von Munition ein Vetorecht. Brasilien, das auch für Geparden geeignete Munition herstellt, hat sich ebenfalls geweigert, solche Wiederausfuhren zuzulassen.

Schweizer Politiker glauben, dass Granatenlieferungen in die Ukraine die Neutralität des Landes gefährden würden. Das Gepard-System, das Deutschland 2010 auslaufen ließ, hat sich als wirksam gegen iranische Drohnen erwiesen, mit denen Russland zivile Ziele in der Ukraine bombardiert. Doch die Schweizer Firma Oerlikon-Bührle, die die Munition produzierte, existiert nicht mehr.

Einmischung in die Politik anderer Länder

„Ausnahmsweise hat die Schweizer Regierung Recht“, sagte der ehemalige Schweizer Botschafter in Deutschland Thomas Borer und Schöpfer der aktuellen Neutralitätsgesetze der Schweiz laut Financial Times. Gleichzeitig schrieb Lambrecht an ihre Schweizer Kollegin Viola Amherd, dass Munition für Geparden zu rein defensiven Zwecken eingesetzt werde. Ihrer Meinung nach sind diese Waffen auch notwendig, um Getreideexporte über das Schwarze Meer zu schützen.

Bern muss noch offiziell auf die neue Anfrage Berlins reagieren. Das Schweizer Verteidigungsministerium habe die deutsche Anfrage an das Finanzministerium weitergeleitet, das die Exportgenehmigung bearbeitet, sagte ein Regierungssprecher laut Financial Times.


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„Wer keine Munition für die Verteidigung eines angegriffenen Staates liefert, kann auch für uns weiterhin ein zuverlässiger Munitionslieferant sein“, kritisierte der deutsche Bundestagsabgeordnete Marcus Faber von der regierenden FDP auf Twitter die aktuelle Haltung der Schweiz.

Auch der Schweizer Gesetzgeber hat sich seine scharfen Äußerungen nicht verziehen. „Es hat sich für Deutschland nie als besonders vorteilhaft erwiesen, sich in die Politik anderer Länder einzumischen“, sagte Marco Chiesa, Chef der rechtspopulistischen Schweizerischen Volkspartei, am Montag.

„Deutschland nimmt und respektiert die Schweiz nicht mehr als neutrales Land“, klagt der Chef der grössten Schweizer Partei im Gespräch mit dem Tages-Anzeiger.

CTK

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Katrin Taube

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