Die neue Chefin der deutschen Diplomatie, die 40-jährige Annalena Baerbock (Grüne), die erste Frau in dieser Funktion in der Geschichte Deutschlands, trifft sich am Vormittag in Warschau mit der Chefin des polnischen Außenministeriums , Zbigniew Rau. Ein wichtiges Gesprächsthema wird neben der sich verschärfenden Krise in der Ukraine wohl die Lage der Migranten an der polnisch-weißrussischen Grenze sein, wie die dpa-Agentur davon ausgeht. Die Agentur spekuliert, dass das Treffen mit Zbigniew Rau für Baerbock ein heikles Thema werden könnte. Bevor Deutschlands neue Außenministerin ihre Reise antrat, bestand sie auf Rechtsstaatlichkeit in der Europäischen Union. Voraussetzung für ein starkes und geeintes Europa sei, wie der Grünen-Politiker betonte, „dass wir als Europäische Union unsere Grundwerte ernst nehmen und die Regeln durchsetzen, die wir uns gesetzt haben“.
Auf die Frage nach ihrer Reise nach Polen und zum Thema Rechtsstaatlichkeit sagte sie den Baerbock-Agenturen, es sei ihr wichtig, ihre freundschaftliche Politik in der EU fortzusetzen. „Und Freundschaft bedeutet, offen und ehrlich mit sich selbst zu sprechen, vor allem über kritische Themen. Aber das Wichtigste ist diesmal das gegenseitige Kennenlernen“, sagte Baerbock. Ohne Polen oder Ungarn in diesem Zusammenhang zu erwähnen, fügte Baerbock hinzu: „Gerade in Sachen Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte dürfen wir die Fundamente Europas nicht zerbrechen lassen.“
Der SPD-Politiker und der Vorsitzende der Föderativen Union polnisch-deutscher Gesellschaften, Dietmar Nietan, sagte in einem Interview mit der Welt, das Thema Rechtsstaat habe einen gewissen Platz im Koalitionsvertrag. „Es überrascht mich nicht, dass das polnische herrschende Lager das kritisch sieht.“ Die Welt veröffentlichte auch ein Interview mit Polens stellvertretendem Justizminister Sebastian Kaleta, der erklärte, dass die neue deutsche Regierung Polen als deutsches Protektorat betrachte, Polen jedoch keine „deutsche Vorherrschaft“ akzeptieren werde. „Vor dem Besuch in Warschau warnen Vertreter der polnischen Regierung den neuen deutschen Außenminister vor zu viel Einmischung (in polnische Angelegenheiten). Baerbock wird in seiner Kritik an der unangemessenen Verfassung des polnischen Rechtsstaats jedoch hartnäckig bleiben. Ein heikler Besuch, sagt Philipp Fritz von der Welt.
Bekannt ist auch, dass Annalena Baerbock bei ihrem mehrstündigen Besuch in der polnischen Hauptstadt mit dem Ombudsmann Marcin Wiącek sprechen und Vertreter der Zivilgesellschaft treffen wird.
Antideutsche Plakate auf den Straßen von Warschau
Die Medien erwarten, dass während Baerbocks Aufenthalt in Warschau Gesprächsthema auch eine Plakatkampagne auf den Straßen Warschaus sein könnte, bei der Hitler oder Goebbels auch mit dem deutschen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier oder der ehemaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel verglichen wurden wie beim deutschen Botschafter in Warschau Arndt Freytag von Loringhoven. . Die Plakate forderten von Deutschland Reparationen für die in Polen angerichteten Kriegsschäden. „Focus“ erinnert daran, dass im vergangenen Jahr ähnliche Plakate desselben Autors auf den Straßen von Warschau erschienen sind. „Die kürzlich wiederholte ‚deutsche moralische Verantwortung‘ ohne materielle Wiedergutmachung ist nur ein leerer Goebbels-Slogan“, sagte der Autor der Plakate im Gespräch mit der dpa.
Das Auswärtige Amt bezeichnete die Plakate als „verleumderisch“ und räumte ein, dass die Bundesregierung davon gewusst habe und bereits Kontakt mit der Regierung in Warschau aufgenommen worden sei. Wie bereits erwähnt, zeigen diese Plakate nicht „die engen und vertrauensvollen polnisch-deutschen Beziehungen im heutigen vereinten Europa“.
Baerbock: Nicht „über die Köpfe der Nachbarn hinweg“
Annalena Baerbock hat bei ihrem Besuch in Paris und Brüssel ein klares Zeichen für Europa gesetzt und die EU als „Erfolgsgeschichte“ bezeichnet und betont, dass ihr die Gemeinschaft am Herzen liege. „Mir ist es wichtig, klar zu sagen, dass Deutschland für eine starke Europäische Union ist“, betonte der Politiker. Sie erklärte auch, dass sie bei den ersten Besuchen vor allem ihren engsten Partnern zuhören möchte. „Wir werden unsere Visionen und Interessen nicht über die Köpfe unserer Nachbarn hinweg umsetzen und schon gar nicht auf deren Kosten“, sagte sie.
Die deutschen Medien und Agenturen beziehen sich neben der Plakatkampagne in Warschau auch auf die Worte des PiS-Vorsitzenden Jarosław Kaczyński, der in einer geschlossenen PiS-Sitzung vom „Bau des Vierten Reiches durch Deutschland“ sprechen sollte. Unter anderem schreibt die dpa-Agentur im Rahmen dieser Veranstaltungen: „Der Besuch von Baerbock in Warschau wird kein Spaziergang.“
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