Brasilien in der deutschen Presse (25.01.)

Zeitungen beleuchten den Tod von Kindern im Land der Yanomami, den Besuch von Eduardo Suplicy in Frankfurt, die Aufräumarbeiten nach den Anschlägen in Brasília und den Bundesstaat Brumadinho vier Jahre nach der Katastrophe.Frankfurter Allgemeine Zeitung – Eduardo Suplicy, ein charismatischer Politiker in Frankfurt (01/ 24)

Debatte zum Thema „Demokratie im Umbruch“ in der historischen Villa Metzler [Frankfurt, Alemanha] wurde zur gesellschaftspolitischen Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen. Das ist es schließlich, was der 80-jährige Politiker tut [Eduardo Suplicy] er hatte sein ganzes Leben lang verteidigt, auch letztes Jahr vor dem Papst. Brasilien habe seit 2004 als erstes Land der Welt ein Grundeinkommen in der Verfassung verankert, es sei aber nur teilweise umgesetzt und in Bolsonaros Regierung „von der Hungerlandkarte gestrichen“ worden, sagte Suplicy.

[…]

Nach der Invasion des Regierungsviertels in Brasilia am 8. Januar sollte er über den Zustand der Demokratie in Brasilien sprechen. Nicht nur dort, auch in Peru und Bolivien steckt die Demokratie in der Krise. […] Um dies zu belegen, wurde der Lateinamerika-Spezialist Jonas Wolff von der Forschungsinitiative „ConTrust: Vertrauen im Konflikt“ der Goethe-Universität eingeladen. Aber er sagte kaum ein Wort. Das Publikum, das die Villa vollgestopft hatte, wollte Suplicy hören.

Dieser Bitte kam der Gast aus dem Ausland großzügig nach. Im roten Pullover lieferte er eine Performance voller revolutionärer Vitalität ab. „Trotz der unterschiedlichen Sprachen müssen wir zu einem gemeinsamen Gerechtigkeitsverständnis kommen“, begann er und zählte die „Instrumente“ dazu auf: „Mit besseren Bildungsbedingungen, besserer Gesundheitsversorgung und besseren Formen solidarischer Ökonomie erhöhen wir das Maß an Gerechtigkeit .“ Als der Moderator zum dritten Mal nach dem 8. Januar fragte, fing das Publikum an zu lachen. Am Ende haben alle viel gelacht und sogar zusammen gesungen. Und bis dahin äußerte Suplicy seinen größten Wunsch: „Würde und Freiheit für alle. Die Demokratie muss der Allgemeinheit dienen.“

Die Zeit – Völkermord-Aufklärung nach Tod von 100 Yanomami-Kindern (25.01.)

Nach dem Tod von rund 100 Kindern im indigenen Gebiet der Yanomami begannen in Brasilien Ermittlungen wegen des Verdachts auf Völkermord. […] Die Ermittlungen richteten sich unter anderem gegen zuständige Beamte des Reviers.

Zuvor hatte eine offizielle Untersuchung bereits ergeben, dass im vergangenen Jahr rund 100 Kinder unter fünf Jahren auf dem indigenen Land der Yanomami an Unterernährung, Lungenentzündung, Malaria und anderen Infektionskrankheiten gestorben waren. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums waren 67 dieser Kinder jünger als ein Jahr.

54 Mitarbeiter der zuständigen Behörde und des Gesundheitsministeriums wurden entlastet. Nach Angaben des neu geschaffenen Ministeriums für indigene Angelegenheiten waren viele der Entlassenen Militärangehörige, die während der Regierung des ehemaligen Präsidenten Jair Bolsonaro ernannt wurden.

in der Aussage [do Ministério de Assuntos Indígenas]wurde den Behörden vorgeworfen, ihre wichtigste Aufgabe, die Rechte der indigenen Bevölkerung zu gewährleisten, nicht erfüllt zu haben. Stattdessen wurden sie zu einem „Feind der Ureinwohner“.

Süddeutsche Zeitung – Aufsammeln der Scherben in Brasilia (22.01.)

Brasiliens neuer Präsident Luiz Inacio Lula da Silva hatte sich für seine ersten Wochen im Amt eigentlich viel vorgenommen: Armut bekämpfen, Bildung fördern, Regenwald schützen. Nun aber sind der 77-jährige Politiker und seine Regierung vor allem mit einem beschäftigt: Aufräumen.

Rund zwei Wochen sind seit dem 8. Januar vergangen, als eine Menge Anhänger des rechten Ex-Präsidenten Jair Bolsonaro in das Regierungsviertel der Hauptstadt Brasília einmarschierten. Die Angreifer drangen in das Kongressgebäude, das Bundesgericht und auch in den Präsidentenpalast ein. Sie schlugen Fenster und Möbel ein, rissen Kabel von Decken und urinierten auf Wandgemälde.

Inzwischen sind die meisten Scherben zusammengefegt und die rechten Parolen von den Wänden getilgt. Das Ausmaß des Schadens wird jedoch erst langsam deutlich. Schließlich verwüsteten Demonstranten nicht nur Büros und Besprechungsräume, sondern zerschnitten auch Gemälde und zertrümmerten Statuen. Experten versuchen, die Kunstwerke und Antiquitäten zu restaurieren, aber einige Stücke könnten für immer verloren sein.

Deutschlandfunk Kultur – Die Folgen von Brumadinho (24.01.)

Selbst in 300 Kilometern Entfernung ist der Verschmutzungsgrad von Wasser und Boden bereits spürbar. Seit den Überschwemmungen haben die Fälle von Durchfall, Fieber, Allergien und Hautausschlägen unter den Bewohnern zugenommen. Nur 22 Gemeinden – weniger als die Hälfte der Betroffenen – erhalten Trinkwasser aus Vale. In anderen haben die Bewohner keine andere Wahl, als möglicherweise kontaminiertes Wasser zu trinken oder zu hohen Preisen abgefülltes Wasser zu kaufen.

„In Wasser und Schlamm wurden Eisen, Mangan und Aluminium in bis zu sechsfach höheren Konzentrationen gefunden. Dieses Wasser kann nicht mehr zur Bewässerung verwendet werden. Studien haben auch gezeigt, dass diese Substanzen bereits in Bluttests gefunden wurden. Sie können.“ die Nerven, das Immunsystem und die Leber angreifen“, erklärt Cristiano Silva, zuständig für die Risikobewertung im Rathaus von Brumadinho. Er und sein Team tun, was sie können. Obwohl einige zusätzliche Arbeitskräfte eingestellt wurden, um medizinische und soziale Hilfe zu leisten, herrscht angesichts des Ausmaßes des Problems hier in der Gemeinde, wie im gesamten betroffenen Gebiet, ein Gefühl der Verlassenheit. Es gibt nicht einmal eine umfassende Schadensanalyse.

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Nun müssen sich deutsche Experten mit insgesamt 35 verschiedenen Fällen vor dem Landgericht München auseinandersetzen. Im größten von ihnen fordern mehr als tausend Opfer und Hinterbliebene Entschädigungen von bis zu 440 Millionen Euro.

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Die größte Sorge ist, dass eine solche Katastrophe jederzeit wieder passieren könnte. Nach den Unfällen von Mariana und Brumadinho wurden einige Revisionen vorgenommen: Laut Umwelt- und Menschenrechtsaktivisten gelten in Brasilien 39 Auffangbecken wie das in Brumadinho als gefährdet; drei davon gelten als extrem gefährdet und hätten schon vor langer Zeit geschlossen werden sollen.


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Jannike Feldt

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