Gepostet am 13. Dezember 2021 um 9:28 UhrAktualisiert am 13. Dezember 2021 um 17:48 Uhr
Wird Nord Stream 2 eines Tages zum Einsatz kommen? Diese sehr umstrittene Gaspipeline, die Gas von Russland nach Deutschland über die Ostsee transportieren soll, steht im Mittelpunkt der Pattsituation zwischen Russland und westlichen Ländern in der ukrainischen Akte. Die neue deutsche Außenministerin Annalena Baerbock verschärfte am Sonntagabend ihren Ton. Sie warnte, wenn die Eskalation an der ukrainischen Grenze fortdauere, könne diese Gaspipeline „so wie sie ist nicht an das Netz angeschlossen werden“.
Auch der neue deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz nannte es einen „schwerwiegenden Irrtum“, zu glauben, „die Verletzung der Grenzen eines europäischen Landes könne ohne Folgen bleiben“.
Erhöhte Abhängigkeit
Anders als sein Umweltminister, dessen Partei Nord Stream 2 sehr kritisch gegenübersteht, hält sich Angela Merkels Nachfolgerin dennoch an den Sanktionen, die gegen Moskau verhängt werden könnten, im Unklaren. Wie so oft, wenn ihn eine Frage beschäftigt, antwortete Olaf Scholz am Rande und betonte, dass die Gaspipeline mit fortschreitender Dekarbonisierung der deutschen Wirtschaft an Bedeutung verlieren würde.
Allerdings spaltet sich die Gasleitung innerhalb seiner Partei, der SPD: Altkanzler Gerhard Schröder ist einer seiner eifrigsten Fürsprecher. Ihm gegenüber steht der Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten Rolf Mützenich: Er forderte am Montag in der Rheinischen Post auf, „alles zu tun, um die Kriegsgefahr zu verringern und die Spirale von Drohungen und Gegendrohungen zu durchbrechen“.
Für den gewählten FDP-Außenbeauftragten Alexander Graf Lambsdorf ist die vom neuen Kanzler gepflegte Unklarheit über konkrete Sanktionen gegen Moskau im Falle eines Einmarsches in die Ukraine letztlich strategisch. Es ermöglicht, Verhandlungsspielraum zu lassen, auch wenn das Genehmigungsverfahren für die Gasleitung nicht vor September 2022 abgeschlossen sein soll.
Zwar ist der Bau der Gaspipeline seit September abgeschlossen und ihre Befüllung hat im Oktober begonnen, doch angesichts nationaler Spaltungen setzen die Koalitionsparteien auf die EU, um über die Zukunft von Nord Stream 2 zu entscheiden Pipeline-Genehmigungsprozess im November, der eine klare Trennung von Transport- und Verteilungsaktivitäten fordert, wie es die neue EU-Gasrichtlinie vorschreibt. Selbst wenn diese Voraussetzung erfüllt wäre, erwartet Berlin im Gegenzug grünes Licht von Brüssel.
Für die EU, für die Moskau bereits 40 % seines Gasbedarfs liefert, wird die Entscheidung nicht weniger heikel sein. Die 27 sind selbst gespalten, und ein Verzicht auf die Gaspipeline könnte Folgen für die Gaspreise in Europa haben, die bereits seit einigen Monaten einen historischen Höhenflug durchlaufen. Einigen Beobachtern zufolge könnte Russland, das versprochen hat, seine Gaslieferungen nach Europa zu erhöhen, um die Marktspannungen abzubauen, seine Position in Abhängigkeit von der Entwicklung der Nord Stream 2-Akte überprüfen.
In diesem sehr angespannten geopolitischen Klima haben die Gaspreise in Europa in der vergangenen Woche erneut die Marke von 100 Euro pro Megawattstunde überschritten. Am Montagnachmittag stieg der in den Niederlanden notierte Benchmark-Kontrakt für Januar um mehr als 10 % auf 117 Euro pro Megawattstunde.
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