„Von der Kanzlerin werden Erfahrungen in der Außen- und Europapolitik erwartet“, sagte der neue CDU-Chef und Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Armin Laschet, Anfang des Monats in einem Interview mit Reuters, um sich positiv von seinem Rivalen abzugrenzen es geht um Kanzlerkandidatur.
Die Antwort von Markus Soeder, dem bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Chef, kam sofort: Er habe gerade eine Dreiviertelstunde mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron gesprochen und mit seinem Gesprächspartner „große Ähnlichkeiten“ festgestellt. Das Gespräch – in englischer Sprache – betraf unter anderem gemeinsame Luftfahrtprojekte, wie das geplante europäische Kampfflugzeug. Mit Bayern als Standort bedeutender Unternehmen der Verteidigungs- und Zivilluftfahrt punktete Söder sowohl in außenpolitischen als auch in wirtschaftlichen Fragen.
Dies ist nur ein Beispiel dafür, wie beide konservativen Politiker versuchen, sich zu positionieren, bevor Pfingsten entscheidet, wer für die Christdemokraten im Rennen um den Kanzlersitz kandidiert.
Internationale Politik ist für alle eine Herausforderung, sagt Johannes Varwick, Professor für Internationale Beziehungen an der Universität Halle: Rolle. Gleichzeitig hat Deutschlands internationale Bedeutung in den letzten Jahren stark zugenommen und kein Kanzler darf hinterherhinken. „
„europäisch“ versus leeres Feld
Wenn es um Erfahrungen in der Außen- und vor allem in der Europapolitik geht, glänzt Laschet schon allein aufgrund seiner Vita. Aufgewachsen in Aachen im Dreiländereck Deutschland, Belgien und Niederlande, erkannte er schon früh die Bedeutung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. Auch in Zeiten einer Pandemie verteidigte er als Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen offene Grenzen. In den Jahren 1999-2005 war er Mitglied des Europäischen Parlaments, wo er sich mit Außen- und Sicherheitspolitik beschäftigte.
Vergeblich sucht man bei Soeder nach einer solchen Beteiligung. Varwick nennt ihn „die noch leere Tafel“ im Bereich der Europapolitik. Thorsten Benner, Direktor des Global Public Policy Institute in Berlin, geht sogar noch weiter: Soeder hat „wenig oder keine emotionale Bindung an das europäische Projekt und wird nicht zögern, opportunistische Hetze gegen Brüssel zu hegen, wenn er sie politisch hilfreich findet.“
Die transatlantische Renaissance kommt nicht umsonst
Gemeinsam ist den beiden Politikern jedoch, dass sie sich eher auf die EU und Frankreich als auf die USA konzentrieren. Zur Erinnerung: Angela Merkel, bereits als CDU-Chefin, aber immer noch Oppositionsführerin, reiste 2003 demonstrativ nach Washington und unterstützte Präsident George W. Bushs Irak-Krieg, der überwiegend in Deutschland, darunter auch SPD Bundeskanzler Gerhard Schröder widersprach entschieden.
Unter Trump wurden die transatlantischen Beziehungen jedoch problematisch. „Amerika war für uns immer ein Land der Freiheit und der Demokratie“, klagte Laschet und präsentierte seine Kandidatur für das Amt des CDU-Präsidenten. Er verwies auf die Erstürmung von Trump-Anhängern auf das Kapitol im Januar 2021. Und Soeder gab kürzlich zu, dass seine Liebe zu Amerika von Trump aufgedeckt wurde. Beide setzen nun ihre Hoffnungen auf den neuen Präsidenten Joe Biden, der seinen Partnern bei der virtuellen Münchner Sicherheitskonferenz: „Das transatlantische Bündnis kehrt zurück.“
Bidens Ansatz ist jedoch nicht bedingungslos. So fordert er beispielsweise wie seine Vorgänger von seinen Partnern mehr Rüstungsausgaben und mehr Verantwortung für die Sicherheit. Soeder stimmt dem Grundsatz zu, betont aber: „Wir sind keine kleinen Kinder. Wir sind Partner, keine Vasallen oder Untergebenen. „Laschet unterstützt das Ziel der NATO, dass die Mitgliedsstaaten zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung ausgeben sollen, was noch weit von Deutschland entfernt ist.
Soeder: Balance zwischen Interessen und Werten.
Die deutsche China- und Russland-Politik steht der Wiederbelebung einer engen transatlantischen Zusammenarbeit entgegen. Wie Trump scheint Biden zu glauben, dass Berlin aus kommerziellen Interessen für beide Regierungen zu weich ist.
Daran dürften jedoch weder Bundeskanzler Laschet noch Soeder etwas ändern. Laschet spricht von „systemischem Wettbewerb“ zwischen dem Westen und China, schließt aber die Beteiligung des chinesischen Konzerns Huawei am Aufbau des 5G-Mobilfunknetzes nicht aus, das Washington kritisiert. Außenpolitik in den kommenden Jahren“. Es war keine harte Haltung, die Washington sehen wollte.
Politik gegenüber Russland
Was Russland betrifft, so sind sowohl Laschet als auch Soeder gegen die US-Forderung, den Bau der Gaspipeline Nord Stream 2 von Russland nach Deutschland zu stoppen. Auch Laschet will den Angriff auf den russischen Oppositionellen Alexei Nawalny strikt von den Gasgeschäften trennen. Soeders Moskau-Besuch vor einem Jahr setzte unterdessen die Tradition früherer bayerischer Ministerpräsidenten fort, die losgelöst von politischen Differenzen eine eigene bayerisch-russische Handelspolitik verfolgten.
Laschet hingegen könnte unter den Folgen seiner Äußerungen von vor einigen Jahren leiden, als er nach der Übernahme der Krim durch Russland über „marktfeindlichen antiputinistischen Populismus“ in Deutschland klagte. “, Da wird eine Beziehung zu ihm gepflegt.
Der Außenpolitiker Omid Nouripour von den Grünen, die künftig eine Koalition mit den Christdemokraten bilden könnten, bezweifelt, dass Bundeskanzler Laschet mit einer so verständnisvollen Haltung gegenüber Russland die Einheit der Europäischen Union aufrechterhalten kann. Vor allem die östlichen EU-Staaten stehen Deutschlands Bekanntschaft mit dem Kreml sehr kritisch gegenüber.
Laschet lobte sogar Russlands Rolle im Syrienkrieg 2014: „Die Russen haben von Anfang an vor Dschihadisten gewarnt. Wir haben es als Propaganda abgelehnt. „Er zeigte damals auch Sympathien für den syrischen Präsidenten Bashar al-Assad. Er hielt den Islamismus für viel gefährlicher als das Assad-Regime. Viele Menschen schütteln bis heute ungläubig den Kopf über Laschets Äußerungen, selbst in CDU/CSU-Kreisen.
Fortsetzung, aber mit Hindernissen
Politologen erwarten nach dem Abgang von Angela Merkel keine wesentliche Änderung der Außenpolitik, egal welcher Politiker an ihre Stelle tritt. Thorsten Benner sieht jeden von ihnen versuchen, „den gleichen Kurs fortzusetzen“, doch dies wird behindert: „Einerseits kann Merkels Kurs nicht allein wegen interner Widersprüche fortgesetzt werden, und andererseits, weil der mögliche Koalitionspartner , die Grünen, auf einen Kurswechsel drängen, etwa bei der China-Politik, wo die eindimensionale Autopolitik der Kanzlerin Deutschland großen Schaden zufügt.“
„Laschet hat mehr internationale Erfahrung als Soeder, aber beide haben gute internationale Kontakte“, resümiert Varwick. Der neue Kanzler wird seiner Meinung nach schnell feststellen, wie wichtig dieser Bereich für die Kanzlerin ist. Und jeder kann daraus ein Meisterwerk machen.
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