Die Generaldirektorin der renommierten deutschen Kunstmesse documenta, Sabine Schormann, trat nach der diesjährigen Ausstellung im hessischen Kassel zurück, die von einem Skandal um ein Werk mit antisemitischen Motiven überschattet wurde. DPA informiert über ihren Abgang.
Schormann einigte sich mit dem Kasseler Oberbürgermeister Christian Gesell und der hessischen Kultusministerin Angela Dorn auf ihre Abdankung.
Ein umstrittenes großformatiges Gemälde mit dem Titel People’s Justice wurde nur wenige Tage nach seiner Eröffnung aus der Show entfernt. Allerdings hatte es schon Monate zuvor Vorwürfe wegen angeblichen Antisemitismus gegen die Urheber des Banners, das indonesische Kollektiv Taring Padi, gegeben. Das hat er behauptet Arbeit es hat keine antisemitischen Untertöne und bezieht sich ausschließlich auf die jüngere Geschichte Indonesiens.
Unter den Charakteren sieht man zum Beispiel Soldaten mit Schweinskopf, die einen Schal mit Davidstern um den Hals und einen Helm mit dem Namen tragen israelisch Mossad-Geheimdienst. Auf dem Gemälde ist auch eine männliche Figur zu sehen, die klassische antisemitische Klischees heraufbeschwört – er hat Gesichtszüge, spitze Zähne, eine große Nase, spröde Augen und eine Zigarre im Mund, einen Hut mit der Aufschrift SS auf dem Kopf und eine Kippa unterhalb.
#documenta15 ist ein Dammbruch, was Antisemitismus angeht: „Finanzierungsfrage“ sett Israel mit dem NS-Staat gleich. „Taring Padi“ stellt Agitprop-Bilder ua mit Dollarzeichen und Davidsternen auf. Beide waren heute auf einer Pro-BDS-Demo zu sehen. Bald mehr @WELTspr @Quaddel pic.twitter.com/7wovuwqob4
— Nathan Giwerzew (@nathan_giwerzew) 18. Juni 2022
Der Aufsichtsrat der Documenta distanzierte sich unmissverständlich von dem Gemälde, eindeutig der Meinung, dass es eine Grenze überschritten habe und das Ansehen der Ausstellung durch seine Ausstellung stark gelitten habe. In den vergangenen Wochen gab es Rufe nach Rücktritt von Direktor Schormann. Kritiker machten ihre Untätigkeit im Umgang mit dem Skandal dafür verantwortlich.
Meron Mendel, Leiterin des Anne-Frank-Bildungszentrums in Frankfurt, hat die Position des Documenta-Beraters niedergelegt. Er sollte Teil einer Expertenkommission sein, die prüfen wollte, ob andere Werke dieses Jahres antisemitische Motive enthielten. Obwohl Schormann einen solchen Plan ankündigte, kam er laut Mendel nicht zustande. Dann kündigte Hito Steyerlová, eine der prominentesten Künstlerinnen der Schau, an, ihre Werke aus der Schau zurückzuziehen.
Schormannová wurde 2018 Generaldirektorin der Documenta. Ein Jahr zuvor wurde deutlich, dass nach dem letzten Jahr ein Defizit in Millionenhöhe bestand.
Die Documenta in Kassel gehört zu den Meilensteinen der zeitgenössischen Kunst. Die erste fand 1955 statt, als sie nach Angaben der Organisatoren die Wiederbelebung der westdeutschen modernen Kultur und eine Abgrenzung zur NS-Vergangenheit markierte. Das aktuelle fünfzehnte Ausstellungsjahr begann am 18. Juni und dauert bis zum 25. September.
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