Beschränkungen in Deutschland: Lockerungen im zeitigen Frühjahr | Deutschland – aktuelle deutsche Politik. DW-Nachrichten auf Polnisch | DW

Immer mehr Anzeichen sprechen dafür, dass die Omicron-Welle bricht: Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz ist den dritten Tag in Folge gesunken. Das Robert-Koch-Institut (RKI) meldete am Dienstag (15.02.2022) den Wochenwert der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner mit 1.437,5 (Vortag: 1.459,8; einen Monat zuvor: 497,1).

„Bis zum kalendarischen Frühlingsanfang am 20. März 2022 sollen weitreichende Einschränkungen des gesellschaftlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Lebens schrittweise abgebaut werden“, heißt es in dem Entwurf, der am Mittwoch (16. Februar 2022) auf der Kanzlerkonferenz vorgestellt werden soll mit den Ministerpräsidenten der Bundesländer.

Laut Nachrichtenagenturen wurde der Entwurf des Kanzleramts bisher nur mit Vertretern bestimmter Bundesländer abgestimmt. Das Design kann sich noch ändern.

Masken sollen bleiben

Die erste Phase beinhaltet den Zugang zu Einzelhandelsgeschäften „im ganzen Land für alle Menschen ohne Kontrolle“ und private Treffen für geimpfte und verurteilte Personen in einer größeren Gruppe. Bisher gab es eine Obergrenze von zehn. Die vorgeschlagene Zahl ist jetzt 20, aber die endgültige Zahl ist noch offen. Ab dem 4. März werden Lockerungen in Restaurants, Diskotheken und Clubs sowie bei Großveranstaltungen eingeführt. Ab dem 20. März würden „alle weitreichenden Beschränkungen“ aufgehoben, ebenso die Empfehlungen zur Telearbeit.

Eine Schutzmaske wird in Deutschland wohl noch lange Pflicht bleiben.

Bund und Länder wollen aber an „grundlegenden Schutzmaßnahmen“ wie dem Tragen von Masken festhalten. Der Bundestag soll hierfür eine gesetzliche Grundlage für die Länder schaffen. Das Tragen von Masken soll weiterhin verpflichtend sein, insbesondere in engen Räumen und in Bussen und Bahnen.

Der Entwurf berücksichtigt eine aktuelle Stellungnahme des Expertenrates der Regierung, der zu dem Schluss kam, dass der Anstieg der Neuinfektionen „in den kommenden Wochen enden wird“.

Bund und Länder erwägen daher „eine dreistufige Öffnung in Bereichen von überregionaler oder vorrangiger Bedeutung“. In anderen Bereichen würden die Länder selbst Maßnahmen beschließen, etwa indem sie unterschiedliche Impfquoten oder die Belastung des Gesundheitssystems berücksichtigen.

„Kein sofortiges Zutrittsverbot“

Das Projekt betrifft auch eine umstrittene Impfpflicht für Gesundheits- und Pflegepersonal, die voraussichtlich am 16. März in Kraft tritt. Das Projekt sieht vor, dass die Gesundheits- und Sicherheitsbehörden die Zweckmäßigkeit der Umsetzung dieser Maßnahmen selbst bewerten. Ein Betretungsverbot für Einrichtungen etwa für Arbeiter, die den Impfnachweis nicht vorlegen, sei der letzte Schritt: „Daher wird es kein sofortiges Betretungsverbot geben.“

Außerdem werden das Paul-Ehrlich-Institut und das RKI nicht mehr den Status eines Geimpften oder eines Geheilten feststellen. Zuletzt gab es viel Kritik an der Verkürzung des Heilerstatus durch das RKI auf drei Monate.

Lockerung der Beschränkungen in Deutschland

Die Behörden sollten bei der Impfpflicht im Gesundheits- und Pflegebereich einen Ermessensspielraum haben

Moderater Optimismus der Experten

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) glaubt, dass der Höhepunkt der Omicron-Welle bereits überschritten ist. Auch andere Experten sind optimistisch, weisen aber darauf hin, dass diese Zahlen schnell wieder steigen könnten.

„Wir brauchen eine Woche, um mit Sicherheit sagen zu können, ob die Flut zurückgeht“, sagte Hajo Zeeb vom Leibniz-Institut für Präventivforschung und Epidemiologie (Bremen) am Dienstag dem RND-Redaktionsnetzwerk. – Wir haben zum Beispiel in Dänemark gesehen, dass die Zahlen nach einer kurzen Pause wieder deutlich gestiegen sind. Der Experte wies auch darauf hin, dass das Erreichen des Gipfels durch die Welle nur die Hälfte des Weges ist. – Dann wird es noch viel mehr Fälle geben und das Gesundheitssystem wird stark belastet bleiben.

Christian Karagiannidis, Leiter der Einheit zur Erhebung von Patientenzahlen auf Intensivstationen bei der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), weist darauf hin, dass die Zahlen und Modelle auch auf eine Reichweite oder eine baldige Reichweite hindeuten ein Gipfel.

Derzeit besuchen täglich über 200 Menschen die Intensivstationen, sagte der Experte. Die Gesamtauslastung steigt jedoch nicht so stark an. Christian Karagiannidis fügte hinzu, dass nach Angaben des RKI und einzelner Bundesländer auch die Patientenzahlen auf den Normalstationen deutlich gestiegen seien: „Aber auch hier haben wir erste Anzeichen dafür, dass dieses starke Wachstum jetzt aufhört oder zumindest nicht ansteigt nicht mehr im gleichen Tempo.“

Lockerung der Beschränkungen in Deutschland

Impfungen in Restaurants wie diesem in Berlin werden bald in die Geschichte eingehen

Der Bioinformatiker Lars Kaderali erklärt das Brechen der Welle mit einem spezifischen Sättigungseffekt. „Mit zunehmender Zahl der Überlebenden findet das Virus immer weniger Menschen, die noch ansteckungsfähig sind“, sagte der Greifswalder Wissenschaftler, der auch Mitglied im Sachverständigenrat der Bundesregierung ist.

Wie er betont, könnten durch Gesetzesänderungen, etwa bei Lockerungen von Pandemiebeschränkungen, neue Kontaktnetzwerke entstehen, in denen die Verbreitung von Viren wieder zunehmen werde. – Der Sättigungseffekt kann also bis zu einem gewissen Grad verschwinden.

Relativ sicher – seiner Meinung nach – sei davon auszugehen, dass sich die Lage ab etwa April beruhige, wenn die Bedingungen dieser Saison die Ausbreitung des Virus verlangsamen würden.

Vorsicht und Umsicht

Auch Labore sehen erste Anzeichen eines Rückgangs der Infektionen. Erstmals seit Anfang des Jahres sowohl die Zahl der durchgeführten Tests als auch der sogenannte Positivindikator – das teilte die Association of Accredited Medical Laboratories (ALM) am Dienstag mit.

Während der leichte Rückgang der Testzahlen als erster Hinweis auf einen Rückgang der Infektionszahlen positiv ist, besteht aus Sicht der Labore dennoch Grund zur Vorsicht und Besonnenheit. Der Omicron-Wellen-Peak in einigen Bundesländern sei noch nicht erreicht, sagte Nina Beikert, Vorstandsmitglied der ALM.

Eines der Probleme bei der Interpretation der Infektionsraten sind die unsicheren Daten. Experten gehen von einer Vielzahl von Fällen aus, die in den RKI-Daten nicht erfasst werden, etwa durch Überlastung des Systems zur Antragsannahme und Recherche. Zudem dürfte die Zahl der Personen zunehmen, die keinen PCR-Test zur Bestätigung der Infektion durchgeführt haben. Es wird dann also nicht in die amtliche Statistik aufgenommen.

Ein erneuter Anstieg der Infektionszahlen ist auch möglich, wenn sich der offenbar noch leichter übertragbare Subtyp BA.2 der omicron-Variante in Deutschland ausbreitet. Bisher wird das Land vom Subtyp BA.1 dominiert.

(afp, dpa, rtr / like)

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Karla Bergmann

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