Die massive Einführung der 2G-Regelung im Handel hat dazu geführt, dass viele Impfgegner rebellieren und sogar Arbeiter im Einzelhandel anspucken. Aufgrund der Eskalation solcher Situationen in vielen Regionen Deutschlands richtete der Gewerbeverband einen unmissverständlichen Appell an die Politik zu dieser Regelung.
Viele deutsche Geschäfte haben in den vergangenen Wochen Situationen erlebt, in denen Kunden und Mitarbeiter um ihre Sicherheit besorgt waren und die Ware in den Regalen zerstört wurde. Einzelne Einzelhändler und große Netzwerke im ganzen Land melden immer mehr Fälle, in denen Impfgegner wegen fehlendem Zugang zum Einkaufen aufgrund der Nichteinhaltung der 2G-Regel rebellieren.
Das erschreckende Ausmaß gefährlicher Ereignisse in Geschäften
Der Handelsverband Deutschlands (HDE) stellte fest, dass die Zahl solcher Praktiken gefährlich zunimmt. – Mitarbeiter werden beschimpft, angespuckt und auch aggressiv körperlich angegriffen. Solche Vorfälle sind unerträglich. Menschen, die sich so rücksichtslos verhalten, müssen klare Grenzen gesetzt werden. Nachdem die Maskenpflicht und die 2G-Regelung im Griff sind, übernehmen die Einzelhändler nun die Regierung. Sie kann kein Dauerzustand werden, sie belastet Unternehmen massenhaft – sagte Stefan Genth, Vorstandsvorsitzender des HDE.
Wie gewalttätig solche Situationen sein können und wie schnell Konflikte entstehen, zeigen interne Dokumente eines der größten deutschen Bekleidungs- und Textilnetzwerke. T-Online stellte dieses Dokument zur Verfügung, aber das Unternehmen wollte seinen Namen nicht nennen, auch um seine Mitarbeiter nicht noch mehr zu verärgern. Auch dazu wollte sich der Netzchef nicht öffentlich äußern.
Seit der Einführung des 2G-Prinzips im Handel Ende November vergangenen Jahres kam es dem Dokument zufolge zu 227 Vorfällen in Geschäften des betreffenden Netzes: Beleidigungen, Drohungen, Einschüchterungen und Vandalismus. Achtmal kam es zu körperlichen Übergriffen, zuletzt am 8. Januar. – Der Kunde hatte keinen Impfpass und trat dem Verkäufer aus Wut gegen das Bein – heißt es in dem Dokument.
Auch in anderen Abteilungen wurden Gegenstände geworfen. In einem Fall warf der Kunde einen Einkaufskorb auf einen Mitarbeiter, und ein anderes Mal mit Spielzeugautos, die mit Regalen besetzt waren. Ein verärgerter Kunde schlug zudem mit dem Ellbogen auf den Rücken des Mitarbeiters, der ihn ohne entsprechende Beweise nicht hereinließ. Als er sich vom Laden entfernte, warf er ihr ein beleidigendes Wort zu und kündigte an, dass „er sich irgendwann dafür verantworten würde“.
Antisemitische Beleidigungen und anderes unverschämtes Kundenverhalten
Worte wie „you s*ko“ sowie ähnliche Beleidigungen sind an der Tagesordnung. Das Dokument erwähnte nicht weniger als 89 Verwendungen solcher Ausdrücke. Unter den bereitgestellten Beispielen wurde darauf hingewiesen, dass Kunden „Du solltest sterben“, „Fick dich alte Schlampe“ oder „Fick dich alter Mann“ riefen. Eine Filiale signalisierte sogar, dass er, beleidigt von einem verärgerten Kunden, so um seine Sicherheit fürchtete, dass er nach Schichtende aus dem Laden abgeholt werden musste.
Das Dokument enthält auch Beispiele für Anspielungen auf die Zeit des Nationalsozialismus und die Verharmlosung des Holocaust. „Das ist wie bei den Juden“, rief einer der Kunden. Die Zusammenfassung gefährlicher Vorfälle kommt zu dem Schluss, dass es „eine perfide Beziehung gibt, die von voreingenommenen Denkern und Verschwörungserzählern gerne gegen das 2G-Prinzip eingesetzt wird, und die für blanken Antisemitismus steht“.
Die Vorfälle sind nicht auf bestimmte Regionen beschränkt, sondern ereigneten sich in Filialen im ganzen Land. Zu aggressiven Aktionen kam es unter anderem in Städten wie Amberg (Bayern), Berlin, Mülheim an der Ruhr (Nordrhein-Westfalen), Nauen (Brandenburg) oder Schmalkalden (Thüringen). Das Schlimmste war, dass diese Art von Problemen nicht auf dieses eine Unternehmen beschränkt war.
Einer der Mitarbeiter der Schuhhauskette Deichmann hat in einem Interview mit dem Portal T-Online über die Situation bei den Mitarbeitern seines Ladens gesprochen. – Mitarbeiter in unserem Geschäft bemerken generell eine zunehmend gereizte Stimmung der Kunden beim Einkaufen. Einige reagieren mit Aggression oder erhöhter Unzufriedenheit, meist auf die Anweisung, eine Maske zu tragen, oder den Nachweis der Einhaltung von 2G. Zum Glück hatten wir noch keine körperlichen Angriffe, sagte er.
Die Emotionen der Kunden waren auch Vertretern des Textildiscounters Kik aufgefallen. – Die überwiegende Mehrheit unserer Kunden hält sich an die geltenden Vorschriften. Trotzdem erhalten wir aus unseren Filialen immer wieder Rückmeldungen, dass Menschen, die die Regelungen mündlich kritisieren und teilweise auch körperlich unsere Verkäufer angreifen – erklären sie.
Das Gericht hat die 2G-Regelung in Niedersachsen gekippt
Die 2G-Regelung ist sogar Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten geworden. Wenige Tage vor dem vergangenen Weihnachtsfest hat das Oberverwaltungsgericht Niedersachsen beschlossen, es im Einzelhandel zu unterbinden. Eine Regierungssprecherin in Hannover teilte mit, dass gemäß der Rechtsprechung die Verordnung über den Betrieb von Einzelhandelsunternehmen in dieser Region entfallen würde.
Das Gericht in Lüneburg stellte fest, dass die neu eingeführten Regelungen nicht vollumfänglich anwendbar seien, dh es bestehe kein Erfordernis, sie vollumfänglich einzuhalten. Die Richter entschieden, dass die 2G-Regelung nicht zur Bekämpfung der Pandemie beitrage und zudem nicht mit dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz vereinbar sei. Gegen dieses Urteil wandte sich Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, der daraufhin einräumte, dass „es keinen epidemiologischen oder gesundheitspolitischen Sinn gibt, diese Regelung zu stürzen, insbesondere angesichts der kommenden Welle der omicron-Variante“.
Quelle: t-online.de, eigene Ausarbeitung / Foto: depositphotos.com, Autor: Vadymvdrobot
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